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Debatten über Abtreibung und Widerspruchslösung im Bundestag

Initiatoren von zwei interfraktionellen Anträgen haben Druck gemacht. Nun sollen ihre Anträge am Donnerstag im Bundestag erstmals beraten werden.

Der Bundestag berät am Donnerstag über einen interfraktionellen Antrag zur Reform der Abtreibungsregelung. Wie aus der Tagesordnung des Bundestags hervorgeht, steht der Entwurf für eine liberalere Handhabung von Schwangerschaftsabbrüchen am Donnerstagnachmittag auf der Tagesordnung des Bundestags. Im Anschluss daran wollen die Abgeordneten erstmals über einen interfraktionellen Entwurf zur Einführung einer sogenannten Widerspruchslösung bei der Organspende debattieren.

Kern eines vor allem von Abgeordneten der SPD und der Grünen vorgelegten Reformentwurfs zur bisherigen Abtreibungsregelung ist, Schwangerschaftsabbrüche aus dem Strafgesetz herauszunehmen. Stattdessen sollen Abbrüche bis zur zwölften Woche, nach einer Vergewaltigung oder aus medizinischen Gründen künftig “rechtmäßig und straffrei” sein und im Schwangerschaftskonfliktgesetz geregelt werden. Eine Beratungspflicht soll bleiben, allerdings ohne die derzeit geltende Wartezeit von drei Tagen bis zur Abtreibung. Die Kosten eines Schwangerschaftsabbruchs sollen künftig zudem von der Krankenkasse übernommen werden.

Derzeit sind in Deutschland Schwangerschaftsabbrüche laut Paragraf 218 des Strafgesetzbuchs rechtswidrig. Abtreibungen in den ersten zwölf Wochen bleiben aber straffrei, wenn die Frau sich zuvor beraten lässt. Ebenso straffrei bleibt der Eingriff aus medizinischen Gründen sowie nach einer Vergewaltigung.

Nach Angaben der Initiatorinnen haben 327 Bundestagsabgeordnete den Antrag für eine Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs unterzeichnet. Derzeit sitzen 733 Abgeordnete im Bundestag. Für eine erforderliche absolute Mehrheit sind 367 Stimmen notwendig. Ob die Abgeordneten vor den Neuwahlen noch über den Entwurf abstimmen, ist unklar.

Zudem wurde ein Antrag für eine Widerspruchslösung bei der Organspende eingebracht. Die Widerspruchslösung ist das Gegenmodell zur bestehenden Regelung bei der Organspende. Bisher braucht es ausdrücklich die Erlaubnis von Patienten – etwa durch einen Organspendeausweis – damit ihre Organe im Falle des Todes für Transplantationen entnommen werden können. Weil in Deutschland seit Jahren Organmangel besteht, dringen viele Politiker und Mediziner auf einen Systemwechsel.

Bei der Widerspruchslösung wäre jeder Bürger potenziell Organspender, außer er hat ausdrücklich widersprochen. Auch im Bundesrat hatte es einen Vorstoß für eine solche Änderung der Gesetzgebung gegeben. 2020 wurde im Bundestag schon einmal über die Widerspruchsregelung abgestimmt, damals gab es keine Mehrheit. Ethiker sehen das Modell durchaus mit Skepsis.