Die beiden großen Kirchen in Deutschland sehen den migrationspolitischen Kurs der CDU kritisch und haben sich entsprechend zu Wort gemeldet. Die Partei reagiert – und ruft zur Mäßigung auf.
Der CDU-Sozialpolitiker Stefan Nacke hat die Kirchen mit Blick auf ihre Kritik an der Migrationspolitik vor “moralischem Populismus” gewarnt. Religionsvertreter sollten sich in stimmungsgeladenen politischen Konflikten um grundsätzliche Orientierung bemühen, im Bewusstsein, dass Politik auch Kompromisse verlange, sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete dem Magazin “Cicero” am Dienstag in Berlin. “Ich würde mir wünschen, dass zu kleinerem Besteck gegriffen würde”, so Nacke.
Die CDU strebt in ihrem Grundsatzprogramm mit der sogenannten Sicheren-Drittstaaten-Lösung eine grundlegende Wende in der Asylpolitik an. Demnach soll jeder, der einen Asylantrag stellt, in einen sicheren Drittstaat überführt werden, um dort das Asylverfahren zu durchlaufen und gegebenenfalls auch dort Schutz zu finden. Zugleich sollen demnach Schutzsuchende über Kontingente nach Europa kommen können.
Der evangelische Bischof Christian Stäblein und der katholische Bischof Stefan Heße hatten die Drittstaatenregelung kurz vor dem Parteitag scharf kritisiert. Sie stehe “in einem bemerkenswerten Widerspruch zur Orientierung an christlichen Werten”, so die Kirchenvertreter. “Wer sich am christlichen Menschenbild orientiert, darf den individuellen Zugang zum Flüchtlingsschutz in Europa nicht abschaffen.”
Nacke betonte: “So übergriffig früher Hirtenbriefe mit einseitigen Wahlempfehlungen empfunden werden konnten, wäre es heute wichtig, anzuerkennen, dass es in Dilemmasituationen intensive Abwägungsentscheidungen gibt, die politisch zu treffen sind.” Diese politische Komplexität nicht anzuerkennen, könnte man als “moralischen Populismus” wahrnehmen.
Der CDU-Politiker verwies auch darauf, dass der Bundesparteitag aktuell die Bedeutung des Gottesbezugs und des christlichen Menschenbildes für die Union betone. Zudem gebe es in der freien Gesellschaft kein Monopol auf das Christliche. “Mit dem Christentum ist vielmehr auch eine kulturelle Dimension gegeben, die nicht alleine von den kirchlich organisierten Konfessionen definiert wird”, so der CDU-Politiker. Er fügte hinzu: “Gerade weil es der Union seit ihrer Gründung und im Unterschied zu anderen Parteien um ein explizites Verhältnis zum Christentum geht, sollten wir nicht im Modus von Anschuldigungen miteinander umgehen.”