Über 120 Jahren lang waren homosexuelle Handlungen zwischen Männern in Deutschland strafbar; erst vor 30 Jahren wurde der entsprechende Paragraf abgeschafft. Im Rückblick übt der Bundesjustizminister Selbstkritik.
Bürgerinnen und Bürgern eine Lebensweise vorzuschreiben, dürfen sich liberale Demokratien nach Worten von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) nicht anmaßen. Er äußerte sich am Samstag in Berlin zum Jahrestag der Aufhebung des Paragrafen 175 im Strafgesetzbuch, der homosexuelle Handlungen zwischen Männern unter Strafe stellte. Vor genau 30 Jahren, am 10. März 1994, wurde der Paragraf im wiedervereinigten Deutschland abgeschafft.
Der Rechtsstaat habe “viel zu lange” gebraucht, um “dieses Unrecht zu beseitigen”, mahnte Buschmann. “Was eine Selbstverständlichkeit hätte sein müssen, war zu lange in Paragrafen gegossenes Unrecht.” Entscheidend sei, die Freiheit jedes einzelnen Menschen zu schützen und zu mehren, was bedeute, jede Lebensform anzuerkennen und zu ermöglichen. “Das heißt aber auch: Wo die freie Entfaltung der Persönlichkeit eingeschränkt oder die Menschenwürde nicht geachtet wird, mischt sich der liberale Rechtsstaat aus gutem Grund ein.”