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“Artenschutz dient unserer Lebensgrundlage”

Am 3. März (Sonntag) macht der „Tag des Artenschutzes“ auf die Bedeutung von Biodiversität aufmerksam. Alexandra Ickes, Referentin für Artenschutz beim NABU (Naturschutzbund) Baden-Württemberg, sagt im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd), warum Artenschutz alle angeht.

epd: Frau Ickes, zurzeit ist wieder Krötenwanderung. Sind Krötenzäune am Straßenrand ein Beitrag zum Artenschutz?

Ickes: Auf jeden Fall. Leider sind viele Wanderstrecken von Straßen durchschnitten, ohne dass zugleich Querungshilfen wie Tunnel für Kleintiere gebaut wurden. Gerade für feuchtigkeitsliebende Amphibien wird es in ganz Deutschland und auch in Baden-Württemberg immer schlimmer. Betroffen sind Feuersalamander, Grasfrösche oder Erdkröte. Große Klimaverlierer etwa ist die Gelbbauchunke.

epd: Das heißt, Artensterben hängt mit dem Klimawandel zusammen?

Ickes: Der Klimawandel ist ein zusätzlicher Stressfaktor für einige Arten, doch er ist nicht der einzige. Wir sind im sechsten Massensterben der Erde. Das bekannteste Massenaussterben fand vor 66 Millionen Jahren statt und endete mit dem Untergang der Dinosaurier.

Verantwortlich jetzt ist der Mensch durch den hohen Ressourcenverbrauch. Da sind die Landnutzung, auch in der Land- und Forstwirtschaft-, die Überfischung der Meere, die Umweltverschmutzung, der Flächenverbrauch durch Bautätigkeit zu nennen. Aber auch invasive Arten, oftmals durch globale Transporte unbemerkt eingeschleppt, breiten sich aus und bedrohen Ökosysteme. Aber auch der Klimawandel bedroht die Biodiversität.

epd: Können Sie ein Beispiel nennen?

Ickes: Laut der Krefelder Studie zur Biodiversität von 2017 zum Insektensterben gab es in den vergangenen 25 Jahren einen Rückgang von gut 75 Prozent bei Insekten. Das hat Folgen für Brut- und Jungvögel sowie Fledermäuse, denen zunehmend das Futter fehlt.

epd: Wo kann ich mich über bedrohte Arten informieren?

Ickes: Hinweise auf bedrohte Arten geben die „Roten Listen“, die in verschiedene Kategorien unterteilt sind. Artensterben findet oft schleichend statt, die Tiere rutschen in der Skala nach unten, bis sie irgendwann ganz verschwinden. Arten sterben dabei nicht nur in den Hotspots der Biodiversität, wie den Tropen, sondern auch vor unserer Haustür. Dank der Arbeit von Artenschützern haben Biber, Fischotter, Weißstorch und Luchs wieder Fuß gefasst.

epd: Warum brauchen wir diese Vielfalt?

Ickes: Artenschutz dient unserer Lebensgrundlage. Die Arten untereinander sind vernetzt, wie genau wissen wir noch gar nicht bis ins Detail. Ohne Artenschutz sterben Pflanzen aus, die in Zukunft möglicherweise einen medizinischen Nutzen haben könnten. Schließlich fördert Artenschutz das menschliche Wohlbefinden. Studien belegen, dass die Vielfalt der Natur der Psyche guttut.

epd: Wie können wir die Biodiversität erhalten?

Ickes: Es geht um die Wertschätzung für Artenvielfalt als Netzwerk, das unsere Existenz sichert. Wir müssen den Flächenverbrauch senken, mit Ressourcen gut haushalten, Lebensräume vernetzen und insgesamt schonend mit der Umwelt umgehen. Der „Tag der Artenvielfalt“ ist ein guter Anlass, sich mit der Artenvielfalt zu befassen und diese zu entdecken, zum Beispiel beim Beobachten von Vögeln oder Insekten: Denn man schützt nur, was man kennt. (0434/27.02.2024)