Sie sind jung, sie sind christlich, sie sind radikal: Junge Influencerinnen trommeln in den USA für konservative bis rechtsextreme Ideale. Eine Doku belegt, welche Schlüsselrolle sie in jenen Milieus spielen.
“Die feministische Bewegung ist Krieg gegen die Männlichkeit. Sie erzeugt schwache, rückgratlose Männer.” – “Seit Frauen wählen dürfen, geht alles bergab.” – “Die Anhänger der LGBTQ-Bewegung verehren ihre Sünden.” – “Impfen ist Kommunismus.”
Das sind nur einige Aussagen aus der Dokumentation “USA Extrem: Rechts, weiblich, radikal”. Aussagen, die die BBC-Journalistin Layla Wright auf ihrer Recherche durch die USA eingesammelt hat – und sie stammen samt und sonders von jungen Frauen.
Sie arbeiten als Influencerinnen auf Plattformen wie Instagram und Youtube, bezeichnen sich selbst als Patriotinnen und Christinnen, sind längst nicht alle weiß und nutzen ihre Reichweiten für das Verbreiten von sehr konservativen bis rechtsextremen Ideologien. Feminismus, Cancel-Culture, alles, was eine “globalistische Elite” propagiert, wird als fatal für Amerika gesehen und umgekehrt die klassische Familie, die “gottgewollte” Rollenverteilung von Mann (Versorger und Beschützer) und Frau (Ehefrau und Mutter) gefeiert.
Was an der nur 45 Minuten langen Doku bemerkenswert ist: Die jungen Frauen camouflieren ihre Überzeugungen nicht, suchen sie nicht nachhaltig zu belegen. Ob auf Veranstaltungen der rechtspopulistischen Organisation “Turning Point USA” oder bei konservativ-religiösen Events wie “ReWaken America”, ob die 24-jährige Morgonn McMichael oder die 16-jährige Hannah Faulkner, sie sprechen Klartext. Das macht ihre Inhalte für ihre Fans und Follower so anziehend. Das Wort ist ihre Waffe. Sie lächeln gerne, aber das Lächeln steigt nicht in ihre Augen.
Die Dokumentation vermittelt dabei den Eindruck, dass diese Influencerinnen eine Schlüsselrolle bei der Rekrutierung und Legitimierung von rechtsextremen Bewegungen spielen. Die Journalistin Layla Wright zitiert dabei nicht nur aus Postings, Videos und Podcasts, sie sucht die Nähe zu den Influencerinnen, sucht die Debatte über die von ihnen verbreiteten Themen und Thesen.
Aber was immer Wright als Erfolge des Feminismus anführt, wird von den jungen Frauen gekontert, ihr Weltbild kommt nicht ins Wanken. Sie sind unbeirrbar in ihrer Mission, fest in ihrer Bibeltreue, eloquent in Auftreten und Ausdruck.
Erstaunlich fast, wie nahe Layla Wright rankommt. So sitzt sie im Kreis der kinderreichen Familie Faulkner, der natürlich Vater Tre, ein ehemaliger Pastor, vorsitzt. Die Ehefrau fühlt sich vom Ehemann “beschützt”, Unterordnung inklusive. Hier wird praktiziert, was die Botschaft nach draußen ist: die Gesellschaft auf Gott zubewegen. Der Zuschauer wird das Gefühl nicht los, dass Tre Faulkner seine Tochter mit der Zahnspange zum Szene-Star aufbauen will.
An anderer Stelle geht es deutlich härter, konfrontativer zu: Layla Wright begleitet Influencerin Christie Hutcherson an der US-Grenze zu Mexiko. Hutcherson ist selbst ernannte Grenzschützerin und Gründerin der Organisation “Women Fighting For America”. Sie reportiert regelmäßig live von Grenzübertritten. Dabei trifft sie auf eine Organisation, die die Flüchtenden mit Wasser und Lebensmitteln versorgt. Es kommt zu erregten Wortwechseln, auch die Journalistin verlässt ihre Beobachterrolle und nimmt Partei für die Grenzwechsler.
Auch hier folgt lautes Für und Wider, Wright sei “indoktriniert”, gehöre zur “linken BBC”, schließlich bricht Hutcherson das Gespräch ab. Ein passendes, vielleicht mehr ungewolltes Beispiel dafür, wie unterschiedliche Überzeugungen in gegenseitiges Nichtverstehen, ja in Verachtung umschlagen können.