• Der Personalmangel in der Pflege ist schon heute dramatisch. Bundesweit seien derzeit mindestens 36 000 Stellen in der Alten- und Krankenpflege unbesetzt, teilte die Bundesregierung unter Berufung auf die Bundesagentur für Arbeit kürzlich mit. Danach fehlen in der Altenpflege 15 000 Fachkräfte und 8500 Helfer. In der Krankenpflege gab es 11 000 offene Fachkräftestellen und 1500 unbesetzte Helfer-Jobs.
• Zum zusätzlichen Bedarf an Pflegefachkräften gibt es sehr unterschiedliche Einschätzungen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn bezifferte ihre Zahl auf 50 000. Manche Experten schätzen den Mangel noch größer ein: Der Deutsche Pflegerat und die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie erklärten, mindestens 50 000 Pflegefachpersonen fehlten allein in den rund 2000 Krankenhäusern.
• Fest steht: Angesichts der alternden Gesellschaft wird der Bedarf an Pflegekräften weiter stark ansteigen. Laut Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) könnten im Jahr 2035 in den Pflege- und Gesundheitsberufen rund 270 000 Fachkräfte fehlen. Und eine Studie der Bertelsmann Stiftung rechnet sogar mit einer Lücke von 500 000 Vollzeitkräften, wenn sich die Zahl der Pflegebedürftigen wie prognostiziert erhöht.
• Die Deutsche Stiftung Patientenschutz macht für aktuelle Personalnot vor allem die Arbeitgeber in Krankenhäusern, Heimen und Pflegediensten verantwortlich. Sie hätten jahrelang auf Kosten der Pflegekräfte gespart. Im vergangenen Jahr hatten die Patientenschützer konkrete Zahlen zu Krankenhäusern vorgelegt: Danach ist die Zahl der Ärzte in Deutschland zwischen 1991 und 2016 um 66 Prozent auf 158 100 gestiegen. Zeitgleich sank die Zahl der Pflegekräfte in Krankenhäusern um 0,3 Prozent auf 325 100.
• Das bedeutet, dass menschliche Zuwendung zu Patienten und Pflegebedürftigen zu kurz kommt. Auswirkungen hat das auch auf die Gesundheit der Pflegekräfte: Nach einer Umfrage der Betriebskrankenkassen sind überdurchschnittlich viele Beschäftigte in der Alten- und Krankenpflege überzeugt, ihren Beruf nicht langfristig ausüben zu können. Der Krankenstand ist hoch, viele Pflegende verringern ihre Arbeitszeit oder steigen ganz aus.
• Als Gegenmaßnahmen, um die Pflegeberufe wieder attraktiver zu machen, setzen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und Bundesarbeits- und -sozialminister Hubertus Heil vor allem auf eine flächendeckende Tarif-Entlohnung und attraktivere Arbeitsbedingungen. Dazu gehören Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie Investitionen in Software und Technik, um die Pflegenden von bürokratischen Aufgaben zu entlasten. Nur so könnten Aussteiger wieder zurückgeholt und Teilzeitkräfte dazu bewegt werden, ihr Stundenkontingent wieder aufzustocken. Auch bei den Personaluntergrenzen tut sich etwas: Die Politik hat Termine gesetzt, bis zu denen Personalschlüssel in Pflegeheimen und Krankenhäusern definiert und eingeführt werden müssen.
• Ausländische Pflegekräfte können laut dem Bundesgesundheitsminister zumindest ein Teil der Lösung sein. Heil und Spahn beklagten allerdings, es gebe große Hürden, damit gut ausgebildete ausländische Pflegekräfte nach Deutschland kommen könnten. Dabei kommt nach ihren Angaben kaum ein Krankenhaus oder Altenheim ohne sie aus.
• Schon jetzt ist die Zahl der ausländischen Pflegekräfte groß; sie hat sich nach Angaben der Bundes-regierung in den vergangenen vier Jahren fast verdoppelt. 2017 waren in Deutschland 128 000 Pflegerinnen und Pfleger aus dem Ausland sozialversicherungspflichtig in der Kranken- und Altenpflege angestellt. Hinzu kamen knapp 6000 geringfügig Beschäftigte. Die Hälfte der ausländischen Pflegekräfte (66 000) stammt demnach aus einem anderen EU-Mitgliedsstaat. 18 000 Pflegerinnen und Pfleger kommen vom Balkan, knapp 7000 aus osteuropäischen Drittstaaten. 3500 Pflegerinnen und Pfleger kommen aus Asylherkunftsländern.
• Um mehr Berufseinsteiger anzuwerben, hat der Bundestag gerade den Weg für die Reform der Pflegeausbildung freigemacht. Durch die Zusammenlegung der Berufsbilder der Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpflege soll die Ausbildung attraktiver werden. Auch sollen Auszubildende künftig überall eine Vergütung erhalten und kein Schulgeld mehr zahlen müssen.