Nach einer ersten Resolution gegen Judenfeindlichkeit im November hat der Bundestag eine weitere beschlossen – speziell zu Schulen und Hochschulen. Kurz danach äußerten Wissenschaftler scharfe Kritik.
Die neue Resolution des Bundestags gegen Antisemitismus an Schulen und Hochschulen stößt auf deutliche Kritik bei Forschenden. Der Direktor der Abteilung Global Governance am Wissenschaftszentrum Berlin, Michael Zürn, sagte am Donnerstag in Berlin, die Resolution schränke die Wissenschaftsfreiheit ein und schaffe Einfallstore für politische Einflussnahme. Das Papier sei damit ein Angriff auf die Hochschulautonomie. Zürn äußerte sich zusammen mit anderen Forschenden, nachdem der Bundestag die Resolution am späten Mittwochabend mit breiter Mehrheit beschlossen hatte.
Der Direktor am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht, Ralf Michaels, sagte, das Papier setze “wesentlich auf Mittel, die in autoritären Staaten beliebt sind: Überwachung, Repression, Sicherheitskräfte”. Mit der Resolution werde die Meinungsfreiheit verletzt, die auch in Hochschulen gelte. Auch dass die Definition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) zugrunde gelegt werde, kritisierte Michaels. Was Antisemitismus sei, müsse die Wissenschaft selbst definieren.
Die Direktorin des Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien in Potsdam, Miriam Rürup, sagte, das Papier sei von einem Grundmisstrauen und einem Generalverdacht geprägt. Auch die im November vom Bundestag verabschiedete allgemeinere Antisemitismus-Resolution sei bereits eine “symbolpolitische Beschwichtigung” gewesen. Rürup warb für differenziertere Instrumente und das Zulassen von Kontroversen.
Die Hochschulrektorenkonferenz hatte sich im Vorhinein ebenfalls gegen die Resolution gewandt und die Wissenschaftsfreiheit betont.
Die jüngste Resolution fordert unter anderem Maßnahmen gegen Israel-Boykotte sowie mehr Unterstützung und Weiterbildung für Lehrkräfte an Schulen und Hochschulen. Schüler sollten sich mehr mit jüdischem Leben auseinandersetzen und einmal in ihrer Schulzeit eine Gedenkstätte besuchen. Auch solle Sorge dafür getragen werden, dass sich jüdische Studierende, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sowie Lehrende an Hochschulen sicher fühlten.
Resolutionen des Bundestags sind rechtlich nicht bindend, können aber gleichwohl eine politische Wirkung entfalten. Seit dem Hamas-Angriff auf Israel vom 7. Oktober 2023 war es in Deutschland wiederholt zu antisemitischen oder israelfeindlichen Vorfällen und Protesten gekommen, bei denen etwa Hochschulgebäude besetzt wurden.