Seit vielen Jahren gibt es Streit über das Europäische Asylsystem. Nach langem Stillstand kommt nun Bewegung in die geplante Reform. Grundsätzlich einigten sich EU-Innenminister und Innenministerinnen bereits im Juni auf Eckpunkte. Einer Krisenverordnung als Teil der Reform stimmte der EU-Rat am Mittwoch zu. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) beantwortet die wichtigsten Fragen zu der geplanten Reform.
Ziel des GEAS ist die Angleichung der Asylsysteme der EU-Mitgliedstaaten, damit jeder Asylsuchende gleichbehandelt wird. Es setzt sich aus mehreren europäischen Rechtsakten zusammen. Kernstücke sind unter anderem Mindeststandards für den Zugang und die Durchführung von Asylverfahren sowie für die Unterbringung und Versorgung von Asylsuchenden in den EU-Mitgliedstaaten. In der sogenannten Dublin-Verordnung wird geregelt, welcher EU-Mitgliedstaat für die Durchführung der Asylverfahren einer Person zuständig ist.
An der Dublin-Verordnung gab es in den vergangenen Jahren deutliche Kritik. Die Länder an den EU-Außengrenzen fühlen sich zunehmend überfordert. Bei der sogenannten Flüchtlingskrise 2015 registrierten viele dieser Länder die Flüchtlinge nicht mehr, damit sie nicht wieder zurückgeschickt werden konnten. Da derzeit die Zahl der Flüchtlinge wieder ansteigt, drängen viele Länder auf eine Reform.
Die EU-Innenministerinnen und Innenminister einigten sich im vergangenen Juni auf eine gemeinsame Position zur Reform des GEAS. Vorausgegangenen waren jahrelange Verhandlungen der EU-Mitgliedstaaten. Kernpunkt der Reform ist es, dass Asylverfahren bereits an der EU-Außengrenze stattfinden können. Das gesamte Prüf- und Rückführungsverfahren soll maximal sechs Monate dauern. Zudem sind Rückführungsabkommen mit Drittstaaten geplant.
Staatsangehörige aus Ländern mit einer hohen Anerkennungsquote (über 20 Prozent) sollen aber auch künftig das übliche Asylverfahren durchlaufen. Die Verteilung der Asylsuchenden auf die Mitgliedstaaten soll neu geregelt werden und dann die Dublin-Verordnung ersetzen.
Zuletzt hatte es bei der sogenannten Krisenverordnung gehakt. Sie besagt, dass Staaten, die unter besonders hohem Migrationsdruck stehen, eine haftähnliche Unterbringung von Migranten verlängern und auch bei Personen aus Ländern mit hoher Anerkennungsquote strengere Regeln anwenden können. Deutschland hatte seine Blockade in der vergangenen Woche aufgegeben, aber nach eigenen Angaben Zugeständnisse erreicht. Am Mittwoch stimmte der EU-Rat formal zu.
Nach der formalen Zustimmung durch den EU-Rat müssen sich jetzt die EU-Länder mit dem Europaparlament auf ein Gesetzespaket einigen. Die besonders seit der sogenannten Flüchtlingskrise 2015 umkämpfte Asylreform soll bis zur Europawahl im Juni 2024 stehen.
Asylverbände befürchten humanitäre Einschränkungen. Die Hilfsorganisation “Brot für die Welt” betont etwa, dass durch die Krisenverordnung ein permanenter Ausnahmezustand an den EU-Außengrenzen etabliert wird, in dem fundamentale Schutz- und Menschenrechte nicht mehr gelten sollten.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge registrierte im laufenden Jahr bis einschließlich August 204.461 Erstanträge auf Asyl. Das bedeutete eine Zunahme um 77,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Ein Blick in die Statistik zeigt aber auch, dass die Situation von der in den Jahren 2015/16 weit entfernt ist. Damals wurden rund 442.000 beziehungsweise 722.000 Erstanträge gestellt. Hinzu kommen seit dem vergangenen Jahr rund 1,1 Millionen ukrainische Kriegsflüchtlinge.