Seit 2021 haben Naturschützer bei Berchtesgaden acht Bartgeier in die Freiheit entlassen. Sie wollen damit einen Vogel nach Deutschland zurückbringen, der hier lange heimisch war – und von dem Menschen Schlimmes dachten.
“Wiggerl” und “Vinzenz” segeln bald durch Bayerns Alpen. So heißen die jungen Bartgeier, die der bayerische Naturschutzverband LBV und der Nationalpark Berchtesgaden am Mittwoch im Klausbachtal ausgewildert haben. Das teilte der LBV am selben Tag mit. Es ist demnach bereits die vierte Bartgeier-Auswilderung in Bayern.
Die beiden rund drei Monate alten Vögel stammen aus Finnland und Österreich, wie es hieß. Wiggerl sei im Zoo von Helsinki geschlüpft, Vinzenz in der Richard-Faust-Zuchtstation in Haringsee. Den Namen Wiggerl, die Koseform von Ludwig, hätten LBV-Spender ausgewählt. “Da seit dem Vorjahr bereits eine Sisi in den Alpen segelt, soll sich nun ein Ludwig zu ihr gesellen.” Vinzenz wurde den Angaben zufolge von der Nationalparkverwaltung nach dem Schutzpatron der Nationalparkgemeinde Ramsau benannt.
Die Tiere seien noch nicht flugfähig und gewöhnten sich nun in einer Felsnische an die freie Wildbahn. Bis sie selbstständig auf Nahrungssuche fliegen könnten, würden sie dort noch gefüttert. Der erste Ausflug der Vögel werde in etwa vier Wochen erwartet.
Bei der Auswilderungsaktion war auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) zugegen. Er sagte: “Die Bewahrung der Schöpfung und der Artenschutz sind unsere Verpflichtung. Die Auswilderung von Bartgeiern ist ein einzigartiges Naturschutzprojekt. Bartgeier sind faszinierende Tiere.”
Interessierte können die Entwicklung der Bartgeier live im Internet verfolgen. Auf www.lbv.de/bartgeier-webcam werden die Bilder einer Webcam übertragen. Wohin die Tiere später fliegen, lässt sich dank ihrer Ausstattung mit GPS-Sendern nachvollziehen.
Das auf mindestens zehn Jahre angelegte Auswilderungsprojekt soll laut LBV die zentraleuropäische, alpine Population der Bartgeier stärken und mit den Beständen auf dem Balkan und in Kleinasien verbinden. Einer der beiden 2021 als Erstes freigelassenen Vögel ist allerdings bereits tot; “Wally” starb vermutlich an einer natürlichen Ursache. Bis 2021 war der Bartgeier in Deutschland rund 150 Jahre lang ausgerottet.
Der Bartgeier gehört mit fast drei Metern Spannweite zu den größten flugfähigen Vögeln der Welt. Die Art wurde vom Menschen lange verfolgt, denn sie war als “Teufelsvogel” verschrien, da man dachte, sie reiße Vieh und sogar kleine Kinder. In Wahrheit frisst der Geier fast ausschließlich Knochen.