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Weiter Kritik an Unterstützer-Brief für Pro-Palästina-Proteste

Die Berliner Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra (SPD) hat die Unterstützung von Hochschuldozenten für die jüngsten pro-palästinensischen Proteste von Studierenden kritisiert. Sie verstehe, dass sich viele Hochschullehrende um ihre Universitäten sorgen, sagte die SPD-Politikerin am Freitag im RBB-Inforadio. Das sei legitim. „Aber: Die Grundthese dieses Briefes stimmt ja schon nicht. Also wir haben es nicht mit friedlichem studentischem Protest zu tun.“ Es habe von Anfang an verbotene Parolen, Hetze und erhebliche Sachbeschädigung gegeben.

Auch habe sie von den Protestierenden kein Gesprächsangebot vernommen. Schon in einem Flugblatt der Campus-Besetzer stehe, dass sie keine Verhandlungen wollten, sondern Forderungen hätten, die unverhandelbar seien. „Es ging einfach darum, den Hochschulbetrieb hier lahmzulegen“, kritisierte Czyborra.

Der Brief war eine Reaktion auf die Räumung eines Protestcamps an der Freien Universität Berlin (FU) durch die Polizei am Dienstag. In dem von etwa 300 Lehrkräften verschiedener Hochschulen unterstützen Brief heißt es unter anderem, die Dringlichkeit des Anliegens der Studierenden sei angesichts der humanitären Krise im Gaza-Streifen nachvollziehbar. Grundrechtlich geschützter Protest müsse nicht auf Dialog ausgerichtet sein. Umgekehrt gehöre es zu den Pflichten der Universitätsleitung, „solange wie möglich eine dialogische und gewaltfreie Lösung anzustreben“. Diese Pflicht habe das FU-Präsidium verletzt.

Der Berliner Historiker und FU-Professor Paul Nolte sagte der „Welt am Sonntag“ (Online Freitag, Print Samstag) eine breite Mehrheit der Professorenschaft und Universitätsmitarbeiter habe sich diesem Aufruf sehr bewusst nicht angeschlossen. „Zum Glück gibt es an deutschen Universitäten, auch in Berlin und an der FU, einen liberalen Mainstream, zu dem auch ein klares Bekenntnis zu Israel und dessen Selbstverteidigungsrecht gehört“, sagte Nolte.

Kritik an den Uni-Besetzungen kommt auch aus den Reihen der Studierenden. Der Verband „freier zusammenschluss von studentInnenschaften“ (fzs) warnte vor einer weiteren Radikalisierung der Besetzer. Es herrsche eine aktiv anti-israelische Haltung vor, welche flächendeckend eine antisemitische Rhetorik aufweise. Pro-palästinensische Forderungen würden immer wieder durch propagandistische Falschinformationen ergänzt: „Auch hier zeigt sich die Instrumentalisierung des Kriegs in Gaza und des daraus resultierenden Leids der Bevölkerung für antisemitische Hetze.“

Die Hochschulleitungen müssten ihre jüdischen Studierenden effektiv vor antisemitischen Vorfällen schützen, forderte der Studierendenverband. Zugleich warnte er vor einem unrechtmäßig brutalen Vorgehen der Polizei bei der Auflösung solcher Camps. Eine weitere Radikalisierung der Proteste sei so nicht auszuschließen. Der Verband vertritt nach eigenen Angaben bundesweit etwa eine Million Studierende.