Ostereistedt. In einer Berliner Kita hat sich gleich eine ganze Gruppe Vorschulkinder zusammengesetzt, um dem Osterhasen zu schreiben. „Wir wünschen uns Frieden“, steht ganz oben auf ihrem Wunschzettel. „Dass der Krieg vorbei ist.“ Und auch: „Corona soll aufhören.“ Klar, dass sie sich auch Süßigkeiten von Meister Lampe wünschen. Krieg und Frieden, Corona und Gesundheit, dazu Schokoeier als Klassiker: Das sind die Themen, die im 40. Jahr des Osterpostamtes in Ostereistedt nördlich von Bremen viele Briefe von Kindern aus aller Welt bestimmten.
Im Dorfgemeinschaftshaus des 900-Seelen-Dorfs, provisorisch zum Osterpostamt umgewidmet, stapeln sich in der Zeit vor Ostern kistenweise Briefe, die unter der Adresse „Hanni Hase, Am Waldrand 12, 27404 Ostereistedt“ eingetroffenen sind. In diesem Jahr sind insgesamt 80.000 Zuschriften gekommen, und zwar von Kindern aus mehr als 40 Ländern an. Diese Bilanz zieht Doris Kröger. Sie leitet die österliche Filiale der Deutschen Post und öffnet mit einem 13-köpfigen Team alle Umschläge, die bis Ostern beantwortet werden. „Die Briefe spiegeln die Gefühlswelt der Kinder wider, das berührt uns sehr”, sagt die 62-Jährige.
Kleine Freude in schwierigen Zeiten
„Der Wert des Briefeschreibens hat für Kinder vor allem in schwierigen Zeiten eine besondere Bedeutung“, meint Kröger und betont: „Mit unseren Antwortschreiben möchten wir ihnen eine kleine Freude machen.“ Die Briefe kommen vor allem aus Deutschland, aber auch aus Ländern wie den USA, Taiwan, Japan, China und Australien. „Die Ukraine, Russland und Belarus sind ebenfalls dabei“, ergänzt Kröger. Geantwortet wird in der Regel mit Vordrucken, die mit Sonderstempeln geschmückt sind. Sonst wäre die Postflut auch gar nicht zu bewältigen.
1982 hat die Deutsche Post im Zuge ihrer Werbeaktion „Schreib’ mal wieder“ Deutschlands damals einziges und bis heute größtes Osterpostamt eingerichtet. Nach vier Jahrzehnten schätzt sie die Zahl der Zuschriften auf rund 1,5 Millionen – meist von Kindern, aber auch von Jugendlichen und Erwachsenen. Anfangs kamen 70 bis 80 Briefe, vergangenes Jahr waren es 100.000 – ein Rekord, der viel mit der Pandemie zu tun hatte.
„Die Kinder waren mehr zu Hause und hatten viel Zeit, um dem Osterhasen zu schreiben“, blickt Krögers Vorgänger Hans-Hermann Dunker zurück. Er ist mit 83 Jahren der Erfahrenste im „Sekretariatsteam“ des Osterhasen, das Hanni die Schreibarbeiten abnimmt. Dunker ist überzeugt: „Dem Osterhasen kann man Dinge schreiben, die man anderen Menschen vielleicht nicht erzählen würde.“
Was wirklich wärmt
Das Team liest Wunschzettel, auf denen es neben Frieden und Gesundheit auch um Laufräder, Handys oder Kuscheltiere geht. „Manche Kinder beschreiben sogar den Weg zum Osternest, damit sich Hanni nicht verläuft“, erzählt Kröger mit einem Schmunzeln. In anderen Briefen schreiben Jungen und Mädchen, dass sie jetzt selbst etwas verschenken und Spielzeug an Kinder aus der Ukraine abgeben wollen.
Einige Briefe berühren die Leute im Osterpostamt besonders. „Zum Beispiel die Nachricht von einer Großmutter über ein Kind, das weder sprechen noch schreiben kann, sich über einen Brief von Hanni Hase aber sehr gefreut hat“, erinnert sich Doris Kröger. Und Hans-Hermann Dunker fällt das Schreiben der 14-jährigen Jenny aus Shanghai ein, das die Chinesin mit den Worten enden lässt: „Roses are red, violets are blue, sugar is sweet and so are you“ . „Das wärmt“, freut sich Dunker. (epd)