Mit harter Hand geht die Dominikanische Republik gegen irreguläre Migration aus Haiti vor. Pro Tag werden rund 1.000 Menschen abgeschoben – trotz einer katastrophalen Sicherheitslage im Nachbarland.
Die Zahlen sprechen für sich: “Die Generaldirektion für Migration (DGM) hat im April 32.540 haitianische Staatsbürger mit irregulärem Migrationsstatus in das Land zurückgeführt”, heißt es in einer Erklärung der Migrationsbehörde, aus der in dieser Woche die lokale Zeitung “El Dia” zitierte. Damit erhöhte sich die Zahl der aus der Dominikanischen Republik abgeschobenen Haitianer im Zeitraum von Januar bis April auf 119.003 Menschen. Das entspricht ungefähr 1.000 Abschiebungen pro Tag – und ist eine Steigerung von 71 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Zum Vergleich: Deutschland schob im Kalenderjahr 2024 insgesamt 18.400 Menschen ab.
Der im Vorjahr für eine zweite Amtszeit wiedergewählte Präsident Luis Abinader verfolgt damit eine der härtesten Abschiebepraktiken in Lateinamerika. Kritik daran verbittet sich das Staatsoberhaupt; das sei eine innere Angelegenheit und eine Frage der Souveränität der Dominikanischen Republik.
Das Thema Haiti bestimmt seit Jahren die innenpolitische Debatte in Santo Domingo. Seit die Lage im Nachbarland wegen eines weiter tobenden Bandenkrieges vollends außer Kontrolle geraten ist, versuchen immer mehr Haitianer, ins sichere Nachbarland zu gelangen. Dort sind sie allerdings nicht willkommen. Die Abinader-Regierung fühlt sich vom Rest der Welt mit der Problematik alleingelassen. In der Frage der Abschiebungen gibt es auch Einigkeit mit den innenpolitischen Rivalen. Sich für die Migranten aus dem bettelarmen Nachbarland einzusetzen, ist in dem Urlaubsparadies nicht sonderlich populär.
Derweil wächst in Haiti die Gewalt weiter. Die Nichtregierungsorganisation Ärzte ohne Grenzen, deren Personal im Land unter Lebensgefahr arbeitet, berichtet über eine Zunahme der Kämpfe der bewaffneten Banden. “Die Zahl der Schwerverletzten ist in den vergangenen vier Wochen stetig gestiegen; fast 40 Prozent davon sind Frauen und Kinder”, sagte Seybou Diarra, Koordinator des Krankenhauses von Ärzte ohne Grenzen in Tabarre.
Weiter berichtet er: “Wir sind bereits überlastet und können nicht noch weitere Wände einziehen. Wir richten jetzt Krankenzimmer in Besprechungsräumen ein. Die medizinischen Teams sind erschöpft, die Zunahme der Gewalt rund um die medizinische Einrichtung erschwert unsere Aktivitäten. Wir befinden uns in der Nähe von Gebieten, die regelmäßig angegriffen werden, es besteht ein hohes Risiko für Querschläger.”
Dass die bewaffneten Banden von den USA inzwischen als Terror-Organisationen eingestuft werden, begrüßt die Übergangsregierung in Port-au-Prince ausdrücklich. Das sei ein großer Schritt in die richtige Richtung, erklärte der Übergangsrat CPT. Zuvor hatte die Regierung den Ausnahmezustand verhängt, der nun drei Monate gelten und den verbliebenen Sicherheitskräften schnellere Eingreifmöglichkeiten verschaffen soll. Zumindest auf dem Papier. Die Entscheidung ermögliche viel konkretere Maßnahmen nicht nur gegen die einheimischen Banditen, sondern auch gegen ihre internationalen Verbündeten, so der CPT, ohne auf konkrete Details einzugehen.