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UN-Jahresbericht kritisiert Hinrichtungspraxis im Iran

Gemessen an der Einwohnerzahl richtet der Iran so viele Menschen hin wie kein anderes Land. Offizielle Statistiken gibt es nicht. Damit macht sich die Justiz in Teheran unglaubwürdig, meint UN-Expertin Mai Sato.

Die Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen zur Menschenrechtssituation im Iran, Mai Sato, hat sich besorgt über die gestiegenen Hinrichtungen in dem Land geäußert. Mit weit über 900 sei die Zahl der vollstreckten Todesurteile im vergangenen Jahr die höchste seit 2015, heißt es im Jahresbericht zum Iran, den das UN-Menschenrechtsbüro in Genf am Mittwoch veröffentlichte. Im Verhältnis zur Bevölkerungsgröße werde im Iran die Todesstrafe so häufig vollzogen wie in keinem anderen Land.

Die Zahlen fußen auf Informationen von Nichtregierungsorganisationen, Rechtsanwälten und anderen Personen aus dem Umfeld der Hingerichteten. Die Behörden machten keine Angaben zu verhängten und vollstreckten Todesurteilen, so Sato. Nur etwa 10 Prozent der Fälle würden in amtlichen Quellen oder staatlichen Medien bestätigt. Dieser Mangel an Transparenz mache es dem Iran unmöglich, eine Gleichbehandlung vor dem Gesetz und eine rechtskonforme und fairen Strafanwendung glaubhaft zu machen, betonte die Berichterstatterin.

Laut dem Bericht erfolgten 52 Prozent der Hinrichtungen als Strafe für Drogendelikte und 43 Prozent für Mord. In den übrigen Fällen ging es um nationale Sicherheit (3 Prozent) und sexuelle Vergehen (2 Prozent). Sato hob hervor, Drogen-, Sicherheits- und Sexualdelikte fielen laut dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte nicht unter jene Straftaten, für die die Todesstrafe zulässig sei. Das Gleiche gelte für Ehebruch, religiöse Vergehen und Homosexualität, die ebenfalls nach dem iranischen Strafrecht in Widerspruch zu internationalen Normen mit der Todesstrafe bedroht seien.

Sato sprach weiter von Hinweisen, dass die Todesstrafe im Iran überproportional häufig über Angehörige der kurdischen und belutschischen Minderheit verhängt werde. Es gebe hier ein “offensichtliches Missverhältnis”, ohne dass die iranischen Behörden Statistiken zur Bevölkerungszusammensetzung und zu Hinrichtungen nach ethnischer Zugehörigkeit vorlegten. Vergangenes Jahr seien schätzungsweise 29 bis 31 Frauen hingerichtet worden, bei mindestens 8 habe es sich um Kurdinnen gehandelt. Auch die Zahl exekutierter Afghanen habe sich gegenüber 2023 auf 80 verdreifacht.

Grundsätzlich unterstrich Sato, es gebe zunehmende Übereinstimmung darüber, dass es für einen Staat fast unmöglich sei, die Todesstrafe zu vollziehen, ohne dabei internationale Menschenrechtsstandards und Schutznormen zu verletzen.