Die Diakonie Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz beobachtet als Dach- und Spitzenverband der Wohlfahrtspflege mit großer Sorge den zunehmenden Kreislauf zwischen Schulden und Armut, der weite Teile unserer Gesellschaft in Berlin und Brandenburg erfasst. Besonders betroffen sind jene, die durch unvorhergesehene Lebensumstände wie Arbeitslosigkeit, Krankheit oder Trennung in finanzielle Schieflage geraten. Die Folgen reichen weit über den materiellen Zustand hinaus und betreffen auch das seelische Wohlbefinden der Menschen.
Der Zusammenhang zwischen Armut und Verschuldung ist ein Teufelskreis, der schwer zu durchbrechen ist. Niedrige Einkommen und steigende Lebenshaltungskosten führen oft zu akuter Überschuldung. In Berlin überschulden sich rund 310000 Menschen, was einer Quote von gut zehn Prozent entspricht. In Brandenburg liegt die Überschuldungsquote bei fast acht Prozent, das sind etwa 160000 Personen. Viele kämpfen mit Miet- und Energieschulden, die ihre wirtschaftliche und soziale Lebensgrundlage bedrohen. Seit 2019 wird es immer deutlicher: Überschuldung betrifft alle Einkommensgruppen.
Der Anteil der Menschen mit geringem Einkommen, die Schuldenberatung in Anspruch nehmen, ist leicht zurückgegangen – auch weil nicht genügend niedrigschwellige Beratungsstellen zur Verfügung stehen, wie zum Beispiel allgemeine unabhängige Sozialberatungen. Gleichzeitig suchen mehr Normal- und Gutverdiener Hilfe.
Studie: Armut führt zu Ausgrenzung
Die Nachfrage nach Ratenkrediten und „Buy now, pay later“-Angeboten erreicht neue Höchstwerte. Die Anzahl neu abgeschlossener Ratenkreditverträge ist im letzten Jahr um rund 30 Prozent gestiegen. Diese Angebote richten sich vor allem an jüngere, internetaffine und konsumoffene Zielgruppen.
Die Hans-Böckler-Stiftung hat in einer aktuelleren Studie hervorgehoben, dass Armut nicht nur ein soziales Problem ist, sondern auch die Demokratie gefährdet. Menschen in finanzieller Not ziehen sich häufig aus dem gesellschaftlichen Leben zurück, fühlen sich nicht gehört und beteiligen sich weniger an demokratischen Prozessen. Strukturelle Probleme wie Miet- und Energieschulden verstärken die Isolation und Marginalisierung. Diese Entwicklung ist alarmierend und fordert gemeinsames Handeln.
Mietpreise steigen weiter: Diakonie bietet Betroffenen Unterstützung
Insbesondere die steigenden Mietkosten verschärfen die Lage: Einkünfte stagnieren, aber die Mietpreise steigen weiter. Mietrückstände führen oft zu Wohnungsverlust und sind ein großer Stressfaktor. Die hohen Energiepreise sind für viele zusätzliche finanzielle und emotionale Belastungsproben.
Die Diakonie bietet Betroffenen Unterstützung durch Schuldnerberatung. Diese Beratungen helfen, finanzielle Stabilität und neue Perspektiven zu entwickeln. Sie sind essenziell für den sozialen Frieden und die Demokratie. Doch die Ressourcen sind begrenzt, ein Ausbau in Berlin und Brandenburg nicht in Sicht. Viele warten monatelang auf Hilfe.
Schuldnerberatung als Grundrecht festsetzen
Die Diakonie fordert von der Politik, die Strukturen der Schuldnerberatung signifikant zu stärken. Es braucht dringend eine verbesserte finanzielle Ausstattung und die Förderung von stabilen, langfristigen Unterstützungsprogrammen statt einjähriger Projektfinanzierung. Die Politik muss handeln, indem sie die Schuldnerberatung als Grundrecht verankert und gezielte Präventionsmaßnahmen gegen Armut etabliert. Gleichzeitig kann die Kirche durch ihre Rolle in der Gesellschaft helfen, Bewusstsein zu schaffen und Dialoge ermöglichen, die zu nachhaltigen Lösungen führen.
Die Herausforderungen sind groß, aber mit Empathie, Respekt, solidarischem Handeln und einer weitsichtigen Sozialpolitik kann der Kreislauf von Armut und Verschuldung durchbrochen werden. Arbeiten wir gemeinsam daran, eine Gesellschaft zu schaffen, in der alle Menschen eine gerechte Chance auf ein sicheres und würdiges Leben haben und unsere Demokratie gestärkt wird.