Die Zahl überschuldeter Privatpersonen ist im vergangenen Jahr in der Hauptstadtregion einer Studie zufolge erneut zurückgegangen. Sie verringerte sich im Vergleich zum Vorjahr in Berlin um knapp vier Prozent auf 307.575, in Brandenburg um rund sechs Prozent auf 164.518, wie aus dem am Dienstag in Berlin vorgestellten Schuldneratlas der Wirtschaftsauskunftei Creditreform Berlin-Brandenburg hervorgeht.
Zum Stichtag 1. Oktober 2023 waren in Berlin zehn Prozent der Bewohner betroffen. In Brandenburg lag die Quote bei knapp acht Prozent und damit unter dem Bundesdurchschnitt von 8,15 Prozent. Die höchste Überschuldungsquote wies in beiden Ländern die Gruppe der 40- bis 49-Jährigen auf (Berlin: 14,6 Prozent, Brandenburg: 12,3 Prozent).
Die verschlechterte Wirtschaftslage habe nicht zu verschärfter Überschuldung geführt, teilte Creditreform mit. Die Wirtschaftsauskunftei ist zugleich auch Inkassodienstleister. Angesichts der Rezession dürfte sich der Rückgang der Verbraucherverschuldung der vergangenen Jahre nicht fortsetzen, hieß es.
Für die kommenden Monate deute sich eine Trendwende an, sagte der Creditreform-Finanzexperte Christian Frey. Die Ausgabenvorsicht und die Konsumzurückhaltung ließen nach. Ein Alarmsignal sei eine um 0,01 Prozent gestiegene Verschuldungsquote bei jungen Erwachsenen in Berlin auf 5,55 Prozent, während der Rückgang der letzten Jahre in allen übrigen Altersklassen anhielt. In Brandenburg verringerte sich die Quote bei jungen Erwachsenen weniger als in anderen Altersklassen demnach lediglich von 7,70 auf 7,58 Prozent.
Vor allem die Zahl der hoch verschuldeten Personen verringerte sich innerhalb eines Jahres in Berlin um sechs Prozent auf 162.597 und in Brandenburg um zehn Prozent auf knapp 91.000. Die Zahl der Betroffenen mit sogenannten weichen Überschuldungsmerkmalen, etwa Mahnungen mehrerer Gläubiger, sank demnach lediglich um je ein Prozent auf 144.978 beziehungsweise knapp 74.000.
Zudem gibt es starke regionale Unterschiede. Die Spanne der Schuldnerquote reicht in Berlin von 6,38 Prozent in Steglitz-Zehlendorf bis 13 Prozent in Spandau, in Brandenburg von 5,59 Prozent im Landkreis Potsdam-Mittelmark bis 13,14 Prozent in Brandenburg an der Havel.
Patrik-Ludwig Hantzsch vom Verband der Vereine Creditreform warnte vor einem „Corona-Boomerang“. Viele Arbeitsplätze seien derzeit massiv durch Insolvenzen bedroht, nachdem Corona-Hilfen zurückgezahlt werden müssten und der Wettbewerb wieder schärfer geworden sei. Der sogenannte finanzielle Stress steige stetig, sagte er unter Hinweis auf gestiegene Nachfrage nach Schuldnerberatungen. Diese nähmen mittlerweile auch etwa gut verdienende Facharbeiter in Anspruch.