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Streit um Maßnahmen gegen Bettler aus Osteuropa

Sozialbehörde will die Nutzung des Winternotprogramms stärker kontrollieren. Bettler aus Rumänien sind im Visier. Doch es gibt heftige Kritik.

Die Stadt will das Winternotprogramm stärker kontrollieren (Symbolbild)
Die Stadt will das Winternotprogramm stärker kontrollieren (Symbolbild)Jörg N. / Pixelio

Hamburg. Die Hamburger Diakonie hat Pläne der Sozialbehörde kritisiert, künftig härter gegen Bettler aus Osteuropa vorzugehen. "Das Winternotprogramm muss anonym und für alle zugänglich bleiben", sagte Diakoniechef Dirk Ahrens am Dienstag. "Wir dürfen nicht riskieren, dass es auch nur einen Kältetoten gibt, aus welchem Land auch immer." Mehr als die Hälfte der Nutzer des Winternotprogramms stammen aus Rumänien, Bulgarien oder Polen.
Die Sozialbehörde will laut einem Bericht des "Hamburger Abendblatts" die unberechtigte Nutzung des Winternotprogramms künftig stärker kontrollieren. Viele Bettler hätten einen festen Wohnsitz in Rumänien und damit keinen Anspruch auf Nutzung der Obdachlosen-Unterkünfte. Es solle sichergestellt werden, dass das Winternotprogramm auch tatsächlich den Obdachlosen zugute kommt.

Schlafplätze fast komplett belegt

Die Zahl der Bettler aus Osteuropa hat mit Beginn der Adventszeit offenbar stark zugenommen. Dies gehe aus der Nutzung des Winternotprogramms hervor, hieß es. Lag die Auslastung der 890 Plätze Anfang November noch bei 60 Prozent, seien die Schlafplätze derzeit nahezu komplett belegt.
Die Sozialbehörde hat nach den Worten von Dirk Hauer, Diakonie-Experte für Existenzsicherung, keine Beweise, dass das Winternotprogramm von osteuropäischen Bettlern missbraucht wird. Aus der Adresse im Ausweis eines Osteuropäers zu schließen, der Mensch sei nicht obdachlos, sei "fahrlässig". Birgit Müller, Chefredakteurin des Straßenmagazins "Hinz&Kunzt", erinnerte daran, dass das Winternotprogramm ein "Erfrierungsschutz" sei. Die Sozialbehörde nehme offenbar billigend in Kauf, "dass es Tote in diesem Winter gibt".

"Ausbau sinnvoll"

Nach den Worten von Ulrich Hermannes, Geschäftsführer der "hoffnungsorte hamburg" (Stadtmission), wäre ein Ausbau der Beratung für Osteuropäer sinnvoll. Stattdessen würden Dolmetscher im Winternotprogramm insbesondere Rumänen nach Ausweis und Wohnsitz befragen, "mit dem Ziel, sie zu einer unverzüglichen Rückkehr ins Heimatland zu drängen".
EU-Bürger können ohne Beschränkung nach Deutschland einreisen. Die Beratungsstellen in Hamburg bieten Osteuropäern sogenannte Perspektivgespräche an, um die Chancen für einen Arbeitsplatz abzuklären. In der Regel stellt sich laut "Abendblatt" heraus, dass es aufgrund fehlender Qualifikationen keine Chancen auf Arbeit gibt. In diesen Fällen organisiert die Stadt die Rückreise in die Herkunftsländer. Die Diakonie weist darauf hin, dass die Stadt gesetzlich verpflichtet sei, alle Obdachlosen vor Erfrierung zu schützen und unterzubringen – unabhängig von ihrer Herkunft. (epd)