BERLIN/STUTTGART – Der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomäus I. (77), hat die Menschenrechte als eine der größten politischen Errungenschaften bezeichnet. Menschenrechte gehörten zum Kern des christlichen Selbstverständnisses, sagte der Patriarch in Berlin in einem Vortrag zum Thema „Orthodoxie und Menschenrechte“ in der Konrad-Adenauer-Stiftung.
Der Patriarch, der seinen Sitz im türkischen Istanbul hat, bedauerte, dass es in der orthodoxen Welt Kreise und Personen gebe, die die Menschenrechte und die Moderne als Gefahr für eine orthodoxe Lebensweise und als Form des westlichen Hegemonialstrebens ansähen. Er riet seiner Kirche, im Geist von Versöhnung und Freiheit dieses Misstrauen zu überwinden und den Dialog zu suchen. Die Unantastbarkeit der Würde des Menschen – die zentrale Forderung der Menschenrechte – sei etwas zutiefst Christliches, so der Patriarch von Konstantinopel.
Auch für die orthodoxe Kirche sei Europa eine Vision, aber die europäische Idee dürfe nicht auf Wirtschaft reduziert werden, sondern müsse mit Werten gefüllt werden, sagte Bartholomäus. Dabei sei der Geist der Aufklärung keine Gefahr für die Orthodoxie, aber es dürften auch nicht die negativen Seiten der Aufklärung ignoriert werden. So warnte er vor einer Überziehung der Menschenrechte besonders im Westen.
Ein gespaltenes Christentum sei kein überzeugender Vertreter von Solidarität, fügte der Patriarch hinzu. Der Beitrag des Christentums zu Menschenrechten bleibe ein viel diskutiertes Thema, vieles davon wurzele in der christlichen Kultur. Religion dürfe sie deshalb nicht unterminieren, sondern müsse sie stützen.
Zuvor in der evangelischen Stiftskirche in Stuttgart bei einem ökumenischen Gottesdienst am ersten Abend seines fünftägigen Deutschland-Besuchs in der Woche vor Pfingsten hob der Patriarch hervor, dass das gemeinsame christliche Zeugnis gerade in der heutigen Zeit besonders wichtig sei. Zugleich würdigte er das Gedenken an die Reformation. Martin Luther habe welthistorische Veränderungen bewirkt. Den beiden großen Kirchen dankte er für Freundschaft, Hilfe und Solidarität gegenüber den in der Bundesrepublik lebenden orthodoxen Christen.
Bartholomäus I. ist seit 1992 der Ökumene-Beauftragte für die weltweit 300 Millionen Orthodoxen. epd/KNA/UK
Artikel teilen:
Spaltung überwinden
Bartholomäus I. fordert Orthodoxe Kirche zur Unterstützung der Menschenrechte auf und betont Wichtigkeit des gemeinsamen christlichen Zeugnisses

Sascha Baumann / all4foto.de