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Spagat zwischen Kunst und Politik

Acht Jahre lang durfte er nahezu täglich durch die eindrücklichen Gänge der Uffizien gehen, des weltberühmten Renaissance-Museums in Florenz: Eike Schmidt ist sichtbar stolz auf das, was er hier geschaffen hat. Seit November 2015 ist der 55-jährige gebürtige Freiburger der Leiter der Uffizien und des Palazzo Pitti und damit der Hüter der Venus von Botticelli und der Medusa von Caravaggio. An diesem Mittwoch (20. Dezember) endet seine zweite Amtszeit.

Einen neuen Job hat er seit wenigen Tagen – wenn er ihn denn antreten will. Zumindest hat der italienische Kulturminister Gennaro Sangiuliano am Abend des 15. Dezember verkündet, Schmidt werde künftig das Nationalmuseum Capodimonte in Neapel leiten. Er sei „sehr bewegt“, sagte Eike Schmidt zu dieser Nachricht. Wer ihn kennt, weiß: Das bedeutet von seiner Seite noch keine Entscheidung. Er liebäugelt nämlich noch mit einem anderen Amt, dem des Bürgermeisters von Florenz.

Schon einmal war eigentlich klar, dass Schmidt aus Florenz weggehen werde. 2019 sollte er nach dem Ende seiner ersten Amtszeit die Leitung des Kunsthistorischen Museums in Wien übernehmen. Doch Schmidt änderte seine Pläne – und blieb in den Uffizien. Mit seiner zweiten Amtszeit im Museum begann ein zweites Projekt: Die Bewerbung um die italienische Staatsbürgerschaft. Auch dieses konnte er erfolgreich abschließen, seit Mitte November dieses Jahres ist Schmidt offiziell Deutsch-Italiener.

Schmidt hatte viel vor mit den Uffizien – und er konnte vieles davon umsetzen. Vor dem Museum stehen die Besucher nicht mehr wie früher stundenlang Schlange. Ein Ergebnis vor allem von einer neuen Preisgestaltung. In den Randzeiten ist der Eintritt günstiger als zu den Stoßzeiten. Die Schlange hat sich erheblich verkleinert, während die Besucherzahlen auf Rekordhöhe gestiegen sind. Bis Jahresende werden 2023 mehr als fünf Millionen Menschen die Uffizien besichtigt haben. So viele wie nie zuvor.

Das schlägt sich auch in den Einnahmen nieder. „Vor acht Jahren lagen die jährlichen Einnahmen bei rund 16 Millionen Euro. In diesem Jahr werden wir zum ersten Mal die 60 Millionen Euro-Marke überschreiten“, sagt Eike Schmidt dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das „wir“ kommt Schmidt bis zu seinem letzten Tag über die Lippen. Vor allem, wenn es um die Errungenschaften geht, die er mit seinem Team durchsetzen konnte.

„In den Uffizien und dem Palazzo Pitti haben wir über 80 neue Säle eröffnet“, sagt er. Will heißen: Die bestehenden Säle wurden renoviert, Bilder neu gehängt, Statuten und Gemälde neu geordnet. „Vorher waren die Uffizien dafür bekannt, dass alles sehr schattig war“, sagt Schmidt über das neue Beleuchtungskonzept. „Entweder gab es gar kein Licht oder die Lampen haben fröhlich senkrecht nach oben gestrahlt. Was die Bilder und Statuen noch mehr ins indirekte Licht gerückt hat, was sie noch dunkler erscheinen ließ, als sie wirklich sind.“

In seinem Fazit steht das Empfinden der Besucher im Vordergrund. Er betont aber auch die Veränderungen, die sich hinter den Kulissen vollzogen haben. „Wir haben zwar immer noch nicht genug Personal, aber nun funktionale Departments. Unsere Kunsthistoriker können sich nun der Kunstgeschichte widmen, und unsere Juristen sich den rechtlichen Fragen.“ Damit würden die Historiker nicht mit zu vielen Verwaltungsaufgaben belastet oder fachfremd eingesetzt. „Das wiederum minimiert Fehler.“

Schon kurz nach dem Beginn seiner Amtszeit im Herbst 2015 hatte Schmidt in Florenz seinen Spitznamen weg: Der Che Guevara der Uffizien. Er hatte vor, den Vasari-Korridor für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen, der bis dato nur zu horrenden Preisen in Sonderführungen besichtigt werden konnte. Auch das hat Schmidt erfolgreich umgesetzt.

Erfolgreich halten sich auch die Spekulationen um seine Zukunft, die seit Monaten durch die italienischen Medien wabern. Schmidt sei quasi schon gesetzt als Bürgermeisterkandidat für die kommunalen Wahlen Anfang Juni 2024, heißt es immer wieder. Und zwar für ein Bündnis der Rechten, in dem auch die populistische Lega von Matteo Salvini und die nationalistische Regierungspartei Fratelli d’Italia von Giorgia Meloni vereint wären. Schmidt dementiert das nicht.

„Es gibt immer wieder Menschen, die mich auf der Straße anhalten und mich dazu ermuntern, für das Bürgermeisteramt für Florenz zu kandidieren“, sagt der Deutsch-Italiener dem epd. Über Weihnachten werde er sich Gedanken machen. Die Zusage aus Neapel mache seine Überlegungen zwar komplizierter, aber beide Optionen seien weiter offen. „Die Entscheidung wird im Januar fallen.“