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Soziologe: Junge Neonazis sehr gewaltbereit und sexistisch

Die neue Generation von Neonazis ist nach den Worten des Soziologen David Begrich sehr jung. Auf Demonstrationen hätten sie Jugendliche getroffen, die zwischen 15 und 17 Jahren alt und „wirklich sehr, sehr gewaltbereit“ seien, sagte der Mitarbeiter der Arbeitsstelle Rechtsextremismus des Magdeburger Vereins Miteinander am Donnerstag im WDR-Radio. Wie in den 1990er und 2010er Jahren werde die Szene von jungen Männern mit patriarchalen Leitbildern und einem „rabiaten Sexismus“ dominiert. Allerdings gebe es auch junge Frauen und Mädchen, die als Sympathieträgerinnen agierten, betonte Begrich.

Am Mittwoch hatte die Bundesanwaltschaft fünf mutmaßliche Mitglieder einer rechtsterroristischen Vereinigung unter dem Namen „Letzte Verteidigungswelle (L.V.W)“ in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Hessen festnehmen lassen. Deren Mitglieder verstehen sich den Ermittlern zufolge als letzte Instanz zur Verteidigung der „Deutschen Nation“. Sie wollten durch Gewalttaten vornehmlich gegen Migranten und politische Gegner einen Zusammenbruch des demokratischen Systems in der Bundesrepublik Deutschland herbeiführen. Die Bundesanwaltschaft sprach von „Jugendlichen mit Verantwortungsreife“ und einem Heranwachsenden. Drei weitere Personen befanden sich bereits in Untersuchungshaft.

„Die Kommunikation läuft heutzutage fast ausschließlich über verschlüsselte Messenger-Dienste“, erklärte der Rechtsextremismus-Experte Begerich. Die Verabredung zu Straftaten oder die Befürwortung von Gewalt finde beispielsweise in Internetforen statt.

Die 1990er Jahre seien, beispielsweise mit Blick auf Rostock-Lichtenhagen oder Hoyerswerda, von rassistisch motivierter Massengewalt gekennzeichnet gewesen, sagte Begrich. „Das kehrt ganz bestimmt nicht zurück.“ Es sei aber eine „exzessive Gewaltbereitschaft“ zurückgekommen, die sich nicht scheue, dargestellt zu werden. Bei TikTok und Instagram ließen sich tatsächlich mitgefilmte Gewaltdarstellungen finden. „Diese Videos gehen dann natürlich sehr stark viral, weil sie auch sehr stark emotionalisieren“, betonte der Soziologe. Es brauche eine kontinuierliche Auseinandersetzung mit diesem Phänomen.

„Man muss sich mal die ganze Reihe von jungen Neonazigruppen ansehen, die sich in den letzten anderthalb Jahren gegründet haben und die mit so martialischen Namen wie ‘Jung und Stark’ oder ‘Deutsch und Stolz’ in die Öffentlichkeit getreten sind“, sagte Begrich. Sie seien dadurch aufgefallen, dass sie Demonstrationen gegen die CSD-Paraden organisiert und eine offene Feindlichkeit gegenüber Homosexuellen sowie sexueller Vielfalt gezeigt hätten.