Skandale um Rechtsextremismus in der AfD wirken sich nach Einschätzung des Sozialwissenschaftlers Alexander Häusler nicht mehr negativ auf deren potenzielle Wähler aus. Es gebe auch hierzulande eine Art „Trump-Effekt“, sagte Häusler in Düsseldorf dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Zustimmung zu der Partei wachse durch die öffentliche Aufregung eher an. Auch die Normalisierung der Wahl rechter Parteien in Europa wirke als Verstärker für die AfD, sagte Häusler mit Blick etwa auf Italien, die Niederlande oder Österreich.
Die Partei spreche mit ihrer Kritik an Migration und Multikulturalität sowohl nationalkonservative Bürger als auch Wähler an, die in eher prekären Verhältnissen leben. Das bekannt gewordene Treffen hochrangiger AfD-Politiker mit Rechtsextremen zeigt nach Einschätzung Häuslers eine seit langem gewachsene Vernetzung der AfD in die rechtsextreme Szene.
Ein Anhalten der momentanen „Erfolgswelle“ der AfD in den Umfragen sei „nicht ausgemacht“, betonte der Wissenschaftler, der am Forschungsschwerpunkt Rechtsextremismus/Neonazismus der Hochschule Düsseldorf arbeitet. Die kontinuierliche „Selbstradikalisierung“ der AfD könne an Grenzen stoßen. Als Indiz dafür nannte Häusler die Entlassung des Referenten der Parteichefin Alice Weidel, der mit weiteren AfD-Politikern an dem Treffen mit Neonazis im November in Potsdam teilgenommen hatte. Dabei hatte der österreichische Rechtsextremist Martin Sellner Pläne für eine Vertreibung von Millionen Menschen aus Deutschland vorgestellt.
Nach den Medienberichten über das Treffen rudere ein Teil der Partei nun zurück, andere sagten „jetzt erst recht“, erklärte Häusler. Käme es zu einem Verbotsverfahren etwa gegen einen der als rechtsextremistisch eingestuften AfD-Landesverbände, könnte nach Einschätzung des Forschers eine starke Spaltung in der Partei eintreten. Durch ein Verbot bekäme man allerdings nicht die rechtsextremen Einstellungen „aus den Köpfen“.
Die demokratischen Parteien müssten deshalb nach Worten Häuslers den Wählern die praktischen Konsequenzen einer Umsetzung der AfD-Politik für die Wirtschaft, den Sozialstaat und Europa verdeutlichen. „Die AfD klammert sich an das Putin-Regime und strebt einen Austritt Deutschlands aus der EU an“, warnte der Sozialwissenschaftler. Eine Bildung eines geschlossenen Blocks demokratischer Parteien gegen die AfD sieht Häusler skeptisch. Sie sollten sich den Wählern vielmehr mit deutlich unterschiedenen Profilen als „demokratische Alternativen zwischen rechts und links“ präsentieren.
Die Zivilgesellschaft sei durch die Ereignisse in Potsdam aufgewacht, sagte der Sozialwissenschaftler mit Blick auf die Anti-AfD-Demonstrationen der letzten Tage mit Tausenden Teilnehmern. „Die demokratischen Parteien sollten diese Signale aufnehmen und verstärken“, appellierte der Forscher.