Berlin – Die Pläne der Bundesregierung für eine konsequentere Abschiebepraxis stoßen bei Experten auf Bedenken – selbst aus den eigenen Reihen. Anlässlich einer Anhörung des Bundestagsinnenausschusses in Berlin beklagten Diakonie, Paritätischer Wohlfahrtsverband und Pro Asyl, durch die Neuregelungen würden Grundrechte von Asylbewerbern und Geduldeten erheblich eingeschränkt. Unter anderem soll für bestimmte Gruppen die Abschiebehaft ausgedehnt werden. Die Datenschutzbeauftragte der Bundesregierung, Andrea Voßhoff, kritisiert zudem die Pläne für das Auslesen von Handys von Asylantragstellern, wenn diese keinen Pass bei sich haben.
Mit dem „Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht“ will die Koalition die mit den Ländern vereinbarten Maßnahmen zur konsequenteren Rückführung abgelehnter Asylbewerber umsetzen. Dazu gehören eine Ausweitung der Abschiebehaft für Ausländer, von denen eine erhebliche Gefahr ausgeht, sowie eine neue Residenzpflicht für Asylbewerber, die über ihre Identität täuschen. Außerdem soll künftig das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Handys von Flüchtlingen auslesen dürfen, wenn kein Pass vorliegt.
Die Diakonie sieht vor allem kritisch, dass die Verweildauer in Erstaufnahmeeinrichtungen von Antragstellern mit geringer Chance auf einen positiven Asylbescheid ausgeweitet werden soll. Dies werde der Tatsache nicht gerecht, dass die Unterbringung der Betroffenen ein zentraler Aspekt bei der Integration sei, heißt es in der Stellungnahme. Auch die geplanten Verschärfungen bei Gefährdern lehnt der Verband ab. Das Aufenthalts- und Asylrecht sei nicht geeignet, Lücken und Defizite im Bereich der Sicherheitspolitik und Gefahrenabwehr zu bekämpfen, resümiert die Diakonie. Der evangelische Wohlfahrtsverband fordert stattdessen eine großzügigere Umsetzung der Bleiberechtsregelung für lang Geduldete.
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, sprach sich für ein flexibleres Bleiberecht aus. Die langen Asylverfahren in der Vergangenheit hätten dazu geführt, dass Asylbewerber mit ihren Familien in Deutschland heimisch geworden sind, sagte der bayerische Landesbischof in seinem Bericht vor der in Coburg tagenden Landessynode. Viele dieser Flüchtlinge lebten deshalb bereits seit mehreren Jahren in Deutschland und seien gut integriert. Eine Abschiebung dieser Menschen sei widersinnig.
Die Maßnahmen mit dem Ziel, mehr Abschiebungen durchzusetzen, waren Anfang Februar zwischen Bund und Ländern vereinbart worden. Einzelne Regierungschefs hatten ihre letztliche Zustimmung aber unter Vorbehalt gestellt. Bundestag und Bundesrat müssen noch abschließend über das Gesetz beraten. epd
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Sorge um Grundrechte
Die Gesetzespläne der Bundesregierung für mehr Abschiebungen stoßen bei Verbänden auf heftige Kritik und bei Experten auch aus den eigenen Reihen auf Bedenken
epd/Lukas Barth