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„Sie leisten Enormes“

Mehrere Kirchengemeinden in Berlin haben in den vergangenen Tagen Geflüchtete aus der Ukraine aufgenommen

Berlin/epd In Berlin sind am vergangenen Wochenende erneut Zehntausende Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine mit Zügen und Bussen angekommen. „Wir gehen aktuell von täglich mehr als 10000 Menschen aus, die hier eintreffen“, sagte der Sprecher der Senatssozial­verwaltung, Stefan Strauß, am vergangenen Sonntag.

„Insgesamt ist die Fluktuation hoch“, sagte Strauß. Viele der am Hauptbahnhof ankommenden Flüchtlinge wollten gar keine Not­unterkunft, sondern am nächsten Tag weiterreisen. Für diese seien vor Ort Wärmebusse und -züge bereit­gestellt worden. Zugleich werde auf dem Gelände des Flug­hafens Tegel so schnell wie möglich ein neues ­Ankunftszentrum errichtet. Das ­eigentliche Ankunftszentrum in ­Berlin-Reinickendorf sei für diese Menschenmassen nicht ausgelegt, sagte Strauß.

Kirche stellt 1500 Notplätze

Die evangelische Kirche in Berlin stellt nach Angaben der landeskirchlichen Pfarrerin für ­Migration und Integration, Dagmar Apel, zurzeit bis zu 1500 Notplätze für Geflüchtete aus der Ukraine zur Verfügung. Die Kirchengemeinde Alt-Wittenau zum Beispiel bietet in der Dietrich-Bonhoeffer-Kirche, die direkt neben dem offiziellen Ankunftszentrum des Landesamtes für Flüchtlings­angelegenheiten (LAF) liegt, rund 130 Schlafplätze. 

„Es gibt in jedem ­Kirchenkreis Gemeinden, die Unterkunftsplätze bereitstellen. Ins­gesamt sind es ­momentan 1350 in Berlin“, sagte Apel am Montag. Auch in Brandenburg würden Möglichkeiten zur ­Unterbringung für die Geflüchteten gesucht und eingerichtet. 

Am vergangenen Wochenende öffnete zum Beispiel die Markus-­Kirchengemeinde in Berlin-Steglitz ihr Gemeindehaus für Geflüchtete, das jetzt als Notunterkunft beziehungsweise Erstaufnahmelanger für etwa 80 Personen zur Verfügung steht. Ein Team rund um Pfarrerin Carolin Göpfert und Pfarrer Sven Grebenstein hatte sich dafür innerhalb ­weniger Tage entschieden. Die Gemeinde ist beim LAF als Aufnahmestelle verzeichnet. 

Seelsorge für Geflüchtete und Helfer*innen

Darüber hinaus leistet die Kirche in der momentanen Lage seelsorger­ische Hilfe, so Pfarrerin Dagmar Apel. Am Ankunftszentrum am ­Ber­liner Hauptbahnhof seien beispielsweise Mitarbeiter*innen der Ber­liner Stadtmission im Einsatz. „Sie sollten erst die Geflüchteten seelsorgerisch versorgen, aber es hat sich so entwickelt, dass sie jetzt auch die ­Ehrenamtlichen seelsorgerisch unterstützen“, beschrieb sie die ­momentane Situation. Viele der ­Helfer*innen seien durch ihre ­Eindrücke und die an sie gestellten Anforderungen vollkommen überlastet. „Sie leisten Enormes“, fügte Apel hinzu.

Neben der Stadtmission helfe auch die Diakonie maßgeblich bei der Versorgung der in Berlin ankommenden Menschen. „Wir arbeiten da Hand in Hand. Die Diakonie sucht Objekte und auch wir gucken, welche Gemeinden Plätze zu Verfügung haben“, sagte Apel. Auch könne die Diakonie bereits vorhandene Plätze zur Verfügung stellen und gewährleiste somit eine professionelle ­Unterbringung der Menschen.

Geldspenden besser als Sachspenden

Viele Kirchengemeinden freuten sich zudem über Spenden, ergänzte die Pfarrerin. In der ersten Zeit habe sich jedoch gezeigt, dass viele Sachspenden in keinem guten Zustand abgegeben wurden. „Von Seiten der EKD habe ich deshalb die dringende Bitte bekommen, stattdessen zu Geldspenden aufzurufen“, so Apel.

Die Kirche unterstützt in der ­aktuellen Lage außerdem durch ­Gebete: „Im Grunde genommen ist jeder Gottesdienst jetzt eine Friedensandacht“, sagte Apel. „Mit einem solchen Krieg und mit der ­Situation, in einer Woche zehntausende zusätzliche Flüchtlinge aufnehmen zu ­müssen, hat keiner ­gerechnet“, sagte die Pfarrerin ­weiter. Dabei dürfe nicht vergessen werden, dass auch weiterhin andere Geflüchtete nach Deutschland kämen: „Es flüchten weiterhin Menschen über das Mittelmeer, viele sitzen an der Grenze von Belarus – um nur zwei Orte von ­vielen, an denen sich Geflüchtet aufhalten, zu nennen.“

Berlin brauche mehr Unterstützung bei der Unterbringung von ­Geflüchteten vom Bund, appellierte Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) am vergangenen Sonntag. „Wir sind darauf an­gewiesen, dass der Bund die Koordinierung übernimmt, die Registrierung klärt und weiteres Personal nach Berlin schickt.“ Ziel sei, täglich über 10000 Menschen nicht nur zu registrieren und zu verteilen, ­sondern ihnen auch eine Erstver­sorgung und Beratung über Aufenthalt und Arbeit zu geben. 

www.ekbo.de/ukraine

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