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Schwarz-roter Koalitionsvertrag steht

Sechseinhalb Wochen nach der Bundestagswahl steht der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD. Auf 144 Seiten treffen die Parteien zahlreiche Festlegungen – allerdings nicht zum Thema Kirche.

Vor großer Kulisse haben die Spitzen von Union und SPD das Ergebnis ihrer Koalitionsverhandlungen präsentiert
Vor großer Kulisse haben die Spitzen von Union und SPD das Ergebnis ihrer Koalitionsverhandlungen präsentiertImago / Photothek

„Hinter uns liegt ein hartes Stück Arbeit, aber vor uns liegt ein starker Plan“: Mit diesen Worten hat CDU-Chef Friedrich Merz die Koalitionsverhandlungen mit SPD und CSU zusammengefasst. Bei der Präsentation des Koalitionsvertrags in Berlin hob er unter anderem einen „neuen Kurs“ in der Migrationspolitik hervor. SPD-Chef Lars Klingbeil nannte den Vertrag ein „Aufbruchsignal“.

Zum Thema Migration heißt es in dem Papier, Zurückweisungen an den Grenzen sollten „in Abstimmung mit den europäischen Nachbarn“ erfolgen. Die Begrenzung sogenannter irregulärer Migration soll wieder als Ziel im Aufenthaltsgesetz festgeschrieben werden. Union und SPD wollen zudem humanitäre Aufnahmeprogramme wie das für Ortskräfte und Menschenrechtler aus Afghanistan beenden. Beim Einbürgerungsrecht ist vorgesehen, die Verkürzung der Wartezeit von fünf auf drei Jahre zu streichen.

Koalitionsvertrag: Kein Bürgergeld für Ukraine-Flüchtlinge

Ebenfalls rückgängig gemacht werden soll eine zentrale Erleichterung für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine: Es werde für sie künftig kein Bürgergeld mehr geben, sagte CSU-Chef Markus Söder. Stattdessen werden Asylbewerberleistungen gezahlt, die niedriger liegen. Söder sprach in Bezug auf die Migrationspolitik insgesamt von einem „Richtungswechsel“.

Zu einer möglichen Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen haben Union und SPD keine Vereinbarung getroffen. Der Koalitionsvertrag enthält dazu keine Formulierung. Die Ampel-Koalition hatte 2021 vereinbart, eine gesetzliche Regelung für die Ablösung der Zahlungen an die Kirchen zu schaffen. Dazu kam es vor allem wegen Widerstands aus den Bundesländern aber nicht.

Staatsleistungen erhalten die Kirchen als Entschädigung für die Enteignung kirchlicher Güter und Grundstücke im Zuge der Säkularisierung vor allem Anfang des 19. Jahrhunderts. Geleistet werden die Zahlungen von den Bundesländern. Sie summieren sich auf mehr als 600 Millionen Euro pro Jahr, wobei die Höhe von Land zu Land sehr unterschiedlich ausfällt. Die Forderung nach einer Ablösung der Leistungen, die auch im Grundgesetz steht, ist seit einigen Jahren immer lauter geworden.

Kaum Details zu Religionspolitik im Koalitionsvertrag

Insgesamt geht der Koalitionsvertrag bei der Religionspolitik nicht sehr ins Detail. Darin heißt es, Kirchen und Religionsgemeinschaften leisteten „einen unverzichtbaren Beitrag für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und das Gemeinwohl“. Union und SPD versprechen zudem: „Wir fördern den interreligiösen Dialog und schützen die Religions- und Weltanschauungsfreiheit.“

Das Rentenniveau soll weiterhin bei 48 Prozent festgeschrieben werden, und zwar bis 2031. Außerdem wird die sogenannte Mütterrente – ein Aufschlag auf die Rentenpunkte für Erziehungszeiten – ausgeweitet. In der Gesundheitspolitik ist ein „Primärarztsystem“ eingeführt: Der erste Weg führt demnach in der Regel in eine Haus- oder Kinderarztpraxis – dort wird entschieden, ob ein Facharzttermin nötig ist. Für eine Pflegereform soll eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe Vorschläge liefern. Geplant ist außerdem, einen „neuen attraktiven Wehrdienst“ zu schaffen, der „zunächst auf Freiwilligkeit basiert“.

Bei einigen zuvor sehr umstrittenen Punkten bleibt der Koalitionsvertrag vage: So heißt es zur im vergangenen Jahr beschlossenen Legalisierung von Cannabis, dass das Gesetz in diesem Herbst evaluiert wird. Beim Thema Organspende lautet das Ziel, die Zahl der Spenden zu erhöhen – ohne zu sagen, wie. Den Streit um die Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen klammert der Koalitionsvertrag aus, verspricht aber eine Erweiterung der Kostenübernahme durch die Krankenkassen.

So teilen Union und SPD die Ministerien auf

In dem Papier sind auch der Zuschnitt der Bundesministerien sowie deren Verteilung auf die Parteien festgehalten. Demnach leitet die CDU neben dem Kanzleramt die Ministerien für Auswärtiges, für Wirtschaft und Energie, für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend, für Gesundheit, für Verkehr und für Digitalisierung und Staatsmodernisierung.

Die SPD übernimmt die Ministerien für Finanzen, für Justiz und Verbraucherschutz, für Arbeit und Soziales, für Verteidigung, für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit, für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen. Die CSU besetzt die Spitzen der Ministerien für Inneres, für Forschung, Technologie und Raumfahrt und für Ernährung, Landwirtschaft und Heimat. Damit wird es ein Ministerium mehr geben als bisher.

Die Personalien sollen zu einem späteren Zeitpunkt bekannt gegeben werden. Zunächst stehen parteiinterne Abstimmungsprozesse an. Laut Merz ist die Kanzlerwahl im Bundestag für die Woche ab dem 2. Mai geplant.