Der Mann, der am Donnerstagmorgen in der Münchner Innenstadt Schüsse abgegeben hat, hatte womöglich das israelische Generalkonsulat im Visier. Zu den Hintergründen werde noch ermittelt, betonten die Polizei in München sowie Ministerpräsident Markus Söder und Innenminister Joachim Herrmann (beide CSU) bei einem gemeinsamen Pressestatement am Tatort. Herrmann gab aber auch zu verstehen, dass man einen Anschlag auf das israelische Generalkonsulat nicht ausschließe. Es liege auf der Hand, dass es kein Zufall sei, wenn jemand in Sichtweite des Konsulats parke, mit einem Gewehr bewaffnet um das Gebäude herumgehe und dann schieße.
Bei dem mutmaßlichen Täter handelt es sich laut Polizeiangaben um einen 18-Jährigen mit der österreichischen Staatsbürgerschaft. Laut Medienberichten soll der Mann einen islamistischen Hintergrund haben. Das bestätigten am Donnerstag aber weder die Polizei noch Vertreter der Staatsregierung.
Der Österreicher war laut Behördenangaben am Donnerstagmorgen gegen 9 Uhr mit einer Langwaffe im Bereich des Karolinenplatzes unterwegs und hatte „eine Reihe von Schüssen“ abgegeben. Die Polizei tötete daraufhin den Mann. Im Anschluss gab es einen Großeinsatz mit rund 500 Einsatzkräften, die Gegend wurde großräumig abgeriegelt. Es konnte aber schnell Entwarnung gegeben werden, weil sich keine Hinweise auf weitere Verdächtige ergaben. Die Generalstaatsanwaltschaft soll nun die Ermittlungen übernehmen.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier äußerte sich am Donnerstag am Rande eines Termins in Cuxhaven zu dem Vorfall. Steinmeier, der zuvor Kontakt zum israelischen Präsidenten Izchak Herzog hatte, sagte, in Israel sei man mindestens genauso erschrocken wie in Deutschland darüber, dass es in der Nähe des Generalkonsulats Schüsse gegeben hat. Er habe mit Herzog vereinbart, die israelische Seite informiert zu halten über die Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden.
Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sprach bei dem Pressestatement am Tatort von einem „schlimmen Tag“ mit einem „glimpflichen Ausgang“, weil weder unbeteiligte Dritte noch Einsatzkräfte zu Schaden gekommen waren. Es habe „Momente des Bangens“ gegeben, aber am Ende sei alles gut ausgegangen, sagte Söder und würdigte den Einsatz der Polizei, die durch ihr entschlossenes Eingreifen den Mann hätten ausschalten können. Söder sagte weiter, dass für jüdische und israelische Einrichtungen hohe Sicherheitsstufen gelten würden und gab erneut ein „Schutzversprechen“ für jüdisches Leben ab.
Tatort und Tatzeitpunkt sind hochsensibel: In direkter Nähe befinden sich das NS-Dokumentationszentrum und das israelische Generalkonsulat. Auf den Tag genau vor 52 Jahren ereignete sich außerdem das Attentat auf die israelische Mannschaft bei den Olympischen Spielen in München. Daher sei die Polizei ohnehin besonders aufmerksam gewesen, sagte der Polizeisprecher. Auch Ministerpräsident Söder sprach von einem „schlimmen Verdacht“ und dass hier möglicherweise ein Zusammenhang gegeben sei.
Die frühere Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, dankte der Münchner Polizei für ihren „schnellen Einsatz“, der Schlimmeres verhindert habe. „Trotzdem: Der Schock sitzt tief, dass es mitten in München zu einem solchen Schusswechsel kommen konnte, noch dazu in direkter Nähe des israelischen Generalkonsulats und am Gedenkdatum 5. September.“ Das Unsicherheitsgefühl nicht nur in der jüdischen Gemeinschaft werde sich nach diesem Vorfall noch einmal verfestigen, sagte die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern.
Auch die Leiterin des Generalkonsulats des Staates Israel für Süddeutschland, Talya Lador-Fresher, dankte auf der Plattform X den Einsatzkräften. Dieses Ereignis zeige, wie gefährlich der Anstieg des Antisemitismus ist. „Es ist wichtig, dass die breite Öffentlichkeit ihre Stimme dagegen erhebt.“ Das Generalkonsulat hatte am Donnerstag wegen der Gedenkfeier in Erinnerung an die Opfer des Olympia-Attentats geschlossen.