Die Zahl der Menschen mit Depressionen in Schleswig-Holstein hat einen neuen Höchststand erreicht. 318.000 Menschen waren im Jahr 2022 wegen Depressionen in ärztlicher Behandlung, wie die AOK Nordwest am Montag in Kiel mit Verweis auf den „AOK-Gesundheitsatlas Depressionen“ mitteilte. „Die Anzahl der Betroffenen ist in den vergangenen fünf Jahren kontinuierlich gestiegen“, sagte AOK Nordwest-Chef Tom Ackermann. Frauen sind deutlich häufiger betroffen als Männer. Dennoch liegt in Schleswig-Holstein der Anteil der wegen Depressionen behandelten Menschen mit 11,9 Prozent unter dem Bundesdurchschnitt von 12,5 Prozent.
Die repräsentative Studie zeigt große Unterschiede zwischen den Kreisen und kreisfreien Städten in Schleswig-Holstein. Die wenigsten depressiven Menschen wohnen demnach in Nordfriesland (10,6 Prozent), Rendsburg-Eckernförde (10,7 Prozent) und Flensburg (10,7 Prozent). In Ostholstein ist der Wert mit 13,6 Prozent am höchsten. Auch in Neumünster (13,2 Prozent) und Steinburg (13,0 Prozent) und Herzogtum Lauenburg (12,8 Prozent) leben vergleichsweise viele Menschen mit Depressionen. Kiel (11,1 Prozent) und Lübeck (12,4 Prozent) liegen im Mittelfeld.
Bereits Kinder und Jugendliche ab zehn Jahren sind wegen Depressionen in ärztlicher Behandlung. Das Risiko, zu erkranken, steigt mit zunehmendem Alter. Frauen sind in fast allen Altersgruppen stärker betroffen als Männer. Bei den 60 bis 64-Jährigen ist mehr als jede fünfte Frau und jeder siebte Mann betroffen. Zwischen 65 und 74 Jahren ist dann ein leichter Rückgang zu verzeichnen, bevor die Kurve wieder ansteigt. Die Spitze wird bei den 80 bis 84-jährigen Frauen mit 25,9 Prozent erreicht, bei den Männern mit 15,8 Prozent in der Altersgruppe ab 90 Jahren.
Die Relevanz der Erkrankung zeigt sich auch bei den volkswirtschaftlichen Kosten. So entfielen nach der jüngsten Krankheitskosten-Statistik des Statistischen Bundesamtes 9,5 Milliarden Euro auf Depressionen. Dies entspricht 2,2 Prozent aller Krankheitskosten. „Depressionen haben somit aus Kostenperspektive eine höhere Relevanz als Herzinsuffizienz mit 7,4 Milliarden Euro“, sagte Ackermann.
Zudem ergeben sich auf die bundesweit 34,5 Millionen Beschäftigten im Jahr 2022 hochgerechnet 53,8 Millionen Arbeitsunfähigkeitstage und Produktions-Ausfallkosten in Höhe von etwa 6,9 Milliarden Euro. Am häufigsten betroffen von Depressionen waren Beschäftigte aus Berufen in der Haus- und Familienpflege, Sozialverwaltung und Sozialversicherung, Kinderbetreuung und Kindererziehung sowie der Altenpflege.
Die Ursachen von Depression sind nicht gänzlich geklärt. „Es gibt Risikofaktoren, die die Entstehung beeinflussen können“, sagte Ackermann. Dazu gehören eine genetische Veranlagung, Alkoholabhängigkeit, Zigarettenkonsum, chronische Erkrankungen, hormonelle Veränderungen, Beziehungskrisen, Todesfälle, berufliche Enttäuschungen oder Traumata durch Gewalt, Krieg oder Missbrauch.
„Je früher eine Depression erkannt wird, umso besser sind die Heilungschancen“, erklärte Ackermann. Als medizinische Leistungen stehen die Psychotherapie und eine medikamentöse Therapie zur Verfügung. Im Jahr 2023 wurden in Schleswig-Holstein 696.079 Antidepressiva-Verordnungen für gesetzlich Krankenversicherte in Höhe von 20,9 Millionen Euro ausgestellt.