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Sag nie wieder Onkel zu mir

Im Februar habe ich an dieser Stelle über meine Kindheitserinnerungen an Karneval im Siegerland geschrieben. Schon kurz nach Erscheinen der UK erhielt ich eine E-Mail. Ein 80-jähriger Leser schrieb mir, mein „Angemerkt“ habe ihn an seinen Vater erinnert. Der stammte ebenfalls aus dem Siegerland und deshalb sei auch bei ihnen daheim Karneval tabu gewesen. Die Familie sei zwar nach dem Krieg ins Rheinland gezogen, aber auch die Nähe zu Köln habe keine Narretei erlaubt.
Ich antwortete auf die Nachricht, und nach einigem Hin und Her schrieb der Leser: „Herr Becker, es drohen verwandtschaftliche Verhältnisse.“ Und so war es auch.

Die E-Mail kam nämlich, so stellte sich heraus, von einem Cousin meines Vaters. Ich freute mich riesig, denn väterlicherseits habe ich kaum noch Verwandtschaft. Und nun fand ich also – über einen Artikel in UK – einen Onkel und eine Tante zweiten Grades. Beide bester Gesundheit und in verschiedenen Gemeinden kirchlich engagiert. Zwei Ansagen machte mir der neue Verwandte. Erstens: „Wir sollten uns unbedingt treffen.“ Und zweitens, augenzwinkernd: „Sag ja nicht wieder Onkel zu mir.“ So machte ich mich auf nach Bad Lippspringe.

Es gab einen wunderbaren Nachmittag mit vielen Geschichten von früher und heute. So manche Puzzle-Stücke aus unserer Erinnerung konnten wir zusammensetzen. In der UK-Redaktion waren wir unterdessen froh darüber, dass wir für eine Kirchenzeitung tätig sind. TV-Sender hätten sicher ein Filmteam mitgeschickt und ein rührendes Wiedersehen inszeniert. So war es zwar auch rührend, aber echt. Wiederholung ist geplant. Und ein „Angemerkt“ ist es allemal wert.