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FU Berlin: Rektorenpräsident warnt vor übereilten Sanktionen

Soll der Student, der einen jüdischen Kommilitonen krankenhausreif geschlagen haben soll, exmatrikuliert werden? Der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz zeigt sich skeptisch.

Die FU Berlin kommt nach der antisemitischen Attacke eines Studenten auf einen Kommilitonen nicht zur Ruhe
Die FU Berlin kommt nach der antisemitischen Attacke eines Studenten auf einen Kommilitonen nicht zur RuheImago / Joko

Der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), Walter Rosenthal, hat die Universitäten dazu aufgerufen, sich beim Thema Antisemitismus klar zu positionieren. Bei antisemitischen Straftaten müssten Hochschulmitglieder angezeigt werden, sagte Rosenthal in Berlin dem Evangelischen Pressedienst (epd). Weiter plädierte der ehemalige Präsident der Friedrich-Schiller-Universität Jena dafür, wenn nötig die Sicherheitsvorkehrungen auf dem Campus zu erhöhen sowie Hausverbote auszusprechen und durchzusetzen, wenn der Studien- und Forschungsbetrieb gestört werde.

Mit Blick auf die Forderung nach Exmatrikulation eines mutmaßlichen Gewalttäters an der Freien Universität Berlin, der einen jüdischen Mitstudenten Anfang Februar krankenhausreif geschlagen haben soll, warnte der Mediziner vor übereilten Reaktionen: „Bei allem Verständnis für den Ruf nach schnellen Sanktionen bin ich skeptisch, wenn rechtsstaatlichen Verfahren damit vorgegriffen werden soll.“

Attacke an FU Berlin: Exmatrikulation an Voraussetzungen geknüpft

Für die Verfolgung und Sanktionierung strafbarer Handlungen seien Polizei und Justiz zuständig, sagte Rosenthal. „Es ist daher richtig, weitere Maßnahmen wie die zwangsweise Exmatrikulation an strenge Voraussetzungen zu knüpfen.“ Das gebiete nicht nur der starke Grundrechtsschutz, der heute schon etwa im Falle eines Hausverbots Anhörungen und Befristungen verlangt. „Es liegt auch im Wesen der Hochschulen und ihrer Autonomie, sich nicht in erster Linie als ordnungspolitisches Instrument zu verstehen.“

Hochschulen müssten zwar auch Grenzen ziehen können, „sind in ihrem Kern aber Orte der dialogbasierten, offenen Zivilgesellschaft“. „Argumente: ja, Auseinandersetzung und Streit: selbstverständlich, aber Aggression und Niederbrüllen: nein“, sagte der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz. Jenseits strafbarer Handlungen und Äußerungen müssten Hochschulen sicherstellen, dass die Möglichkeit des Diskurses von allen Seiten eingeräumt wird.

Rosenthal betonte: „Hochschulleitungen finden sich in der schwierigen Position, in manchmal unübersichtlichen Lagen rechtliche und hochschulpolitische Fragen ausloten zu müssen.“ Klar sei, dass Straftaten zu verfolgen Aufgabe der Behörden sei. Störungen der internen Abläufe könnten Hochschulen mit dem Hausrecht entgegentreten. „Antisemitische Aktionen, bei denen jede Diskussion verweigert und niedergebrüllt wird, setzen sich bewusst außerhalb des von der Wissenschaftsfreiheit geschützten Diskurses und stellen gerade deshalb in Frage, was Hochschulen im Kern ausmacht“, sagte der HRK-Präsident.

Der HRK gehören nach eigenen Angaben 271 Mitgliedshochschulen an, an denen rund 90 Prozent aller Studierenden in Deutschland immatrikuliert sind.