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Regierung will Sozialleistungen für Ukrainer nicht ändern

Bekommen Ukrainer in Deutschland zu viel staatliche Unterstützung, so dass sie weniger arbeiten als in anderen Ländern? Darum ist eine Debatte entbrannt. Die Bundesregierung sieht gute Gründe für die aktuelle Regelung.

Die Bundesregierung sieht derzeit keinen Anlass für Änderungen an den staatlichen Sozialleistungen für Ukrainer. Er kenne keine Pläne in die Richtung, Menschen aus der Ukraine, die vor dem russischen Angriffskrieg nach Deutschland geflohen seien, das Bürgergeld zu streichen und stattdessen Leistungen für Asylbewerber zu gewähren, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Montag in Berlin. Dass Ukrainer EU-weit einen einheitlichen Schutzstatus hätten, sorge für eine massive Entlastung der Länder und des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, da keine langwierigen Asylverfahren nötig seien.

Auch aus dem Bundesarbeitsministerium hieß es, dass es keine Änderungspläne gebe. Wenn die Jobcenter für die Ukraine-Geflüchteten zuständig seien, seien damit Integrationsleistungen und Beratung für die Suche nach einem Arbeitsplatz verbunden.

Zuvor waren Rufe lauter geworden, das Bürgergeld für Geflüchtete aus der Ukraine zu streichen – insbesondere für Menschen, die eigentlich in der Armee ihres Heimatlandes kämpfen könnten. Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU), sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND): “Es passt nicht zusammen, davon zu reden, die Ukraine bestmöglich zu unterstützen und im gleichen Atemzug fahnenflüchtige Ukrainer zu alimentieren.”

Unabhängig davon habe sich die Entscheidung, Geflüchteten aus der Ukraine sofort Bürgergeld zu zahlen, “als grundsätzlicher Fehler erwiesen”, fügte er hinzu. Die Beschäftigungsquote von Ukrainern sei “verschwindend gering, weil das Bürgergeld zum Bremsschuh für die Arbeitsaufnahme geworden ist”. Das Thema soll auch auf der Innenministerkonferenz besprochen werden, die von Mittwoch bis Freitag in Potsdam tagt.

Laut Bundesinnenministerium lag die Zahl der männlichen Ukrainer zwischen 18 und 60 Jahren in Deutschland Ende April bei knapp 260.000. Damit sei aber nicht gesagt, dass all diese Männer wehrfähig seien, so ein Sprecher. Nach RND-Informationen soll die Zahl zuletzt noch knapp 210.000 betragen haben.

Derzeit halten sich laut Bundesinnenministerium fast 1,2 Millionen Ukrainer in Deutschland auf, darunter etwa ein Drittel Kinder und Jugendliche, die Kitas und Schulen besuchen. Laut Arbeitsministerium sind rund 185.000 in Arbeit, und rund 47.000 gehen einer geringfügigen Beschäftigung nach. Viele Ukrainerinnen bräuchten eine Kinderbetreuung oder müssten erst Sprachkenntnisse erwerben, um arbeiten zu können, so ein Sprecher.

Der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei (CDU), forderte Änderungen beim Bürgergeldbezug auch für Ukrainerinnen. “Es ist nicht akzeptabel, dass Ukrainerinnen, die in unseren Nachbarländern Zuflucht finden, mehrheitlich längst in Arbeit sind, nicht aber bei uns”, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

Auch FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sprach sich für Kürzungen aus. Der “Bild”-Zeitung (Montag) sagte er: “Neu ankommende Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine sollten künftig kein Bürgergeld mehr bekommen, sondern unter das Asylbewerberleistungsgesetz fallen.” Die Streichung solle Arbeitsanreize schaffen.

Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Martin Rosemann, kritisierte die Forderungen: “Die Behauptung, das Bürgergeld verhindere die Arbeitsaufnahme von Ukrainern, ist falsch.” Erst durch das Bürgergeld und die Arbeit der Jobcenter hätten ukrainische Flüchtlinge Zugang zu arbeitsmarktpolitischer Unterstützung, sagte Rosemann der “Bild”-Zeitung.

Die BSW-Vorsitzende Sahra Wagenknecht sagte der “Rheinischen Post” (Dienstag), es sei schrecklich, wenn Menschen vor Krieg fliehen müssten. “Aber wer unseren Schutz in Anspruch nimmt, von dem kann man auch erwarten, dass er mit eigener Arbeit dazu beiträgt, die Kosten zu minimieren.” Vielfach suchten Firmen händeringend Arbeitskräfte.