Der 20-jährige Jonas Ertle ist am Verwaltungsgericht Ansbach mit seiner Klage gegen die Polizei Mittelfranken wegen sogenannter „Schmerzgriffe“ gescheitert (Az. AN 15 K 24.621). Ein Gerichtssprecher sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Donnerstag auf Anfrage, die Klage sei abgewiesen worden. Ertle hatte der Polizei vorgeworfen, ihn im August 2023 von einer Sitzblockade mit „Schmerzgriffen“ weggeführt zu haben, was zum Überdehnen seiner Handgelenke geführt hatte. Der Gerichtssprecher sagte, ein Vorsatz dabei sei „nicht nachweisbar“ gewesen, die Polizei habe „nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt“, obwohl der Kläger Schmerzen hatte.
Der Klimaaktivist und Physikstudent hatte geklagt, weil er sein Recht auf Versammlungsfreiheit und auf körperliche Unversehrtheit verletzt sah. Er sagte am Donnerstag auf epd-Anfrage, er halte an seiner Kritik und an den Vorwürfen gegen die Polizei fest: „Unabhängig davon, was ein einzelnes Gericht in erster Instanz entscheidet.“ Er werde nun die schriftliche Urteilsbegründung abwarten. „Wir behalten uns weitere Schritte vor“, betonte er. Die nächste Instanz wäre der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in München. Gegen das Urteil wurde keine Revision zugelassen, erläuterte der Sprecher des Gerichts. Ertle müsste also erst einmal gegen die Nichtzulassung der Revision vorgehen.
Sogenannte Schmerzgriffe seien „unmittelbarer Zwang“, hatte das bayerische Innenministerium auf epd-Anfrage vor wenigen Tagen mitgeteilt. Dieser werde „abhängig von den Umständen des Einzelfalls, insbesondere vom Verhalten der betroffenen Person“ angewendet. Man richte sich nach dem Bayerischen Polizeiaufgabengesetz. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeit werde „immer das mildeste Mittel“ angewendet. Das könne im Fall einer Demo oder Sitzblockade „das Wegtragen eines Versammlungsteilnehmers“ sein. Beim Widerstand einer Person könne es zu einer „leichten körperlichen Gewalt“ kommen. Unmittelbarer Zwang sei aber „immer das letzte Mittel der Wahl“.
Ein Sprecher des Polizeipräsidiums Mittelfranken hatte dem epd vor der Gerichtsverhandlung mitgeteilt, die Polizei wende keine „Schmerzgriffe“ an. Wenn Protestierende von einer Straße entfernt werden müssten, geschehe das stets „im Sinne der Verhältnismäßigkeit“, sagte der Sprecher: „Wir wollen keine Schmerzen verursachen.“ In einem Video vom damaligen Polizeieinsatz, das dem epd vorliegt, ist zu sehen, dass sich Ertle nicht gegen das Wegführen durch zwei Beamte wehrt. (0716/27.02.2025)