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Pro Asyl: Syrer sind Teil von Deutschland

Die Menschenrechtsorganisation kritisiert die Rückkehrdebatten von Syrern aus Deutschland als populistisch. Die politische Entwicklung in Syrien sei völlig offen, die humanitäre Lage bleibe dramatisch.

Pro Asyl wendet sich gegen Forderungen, die nach Deutschland geflohenen Syrer zu einer Rückkehr nach Syrien zu drängen. “Anstatt syrische Geflüchtete, die in Deutschland leben und längst Teil der Gesellschaft geworden sind, wegzustoßen und zu verängstigen, braucht es die klare Botschaft: Die syrische Community ist ein Teil von Deutschland und wird es auch bleiben”, forderte Tareq Alaows, der flüchtlingspolitische Sprecher der Menschenrechtsorganisation Pro Asyl.

Er kritisierte Rückkehrforderungen als populistisch, unwürdig und voller Ressentiments. Syrien sei einen Monat nach dem Sturz des Assad-Regimes weder stabil noch sicher. Viele befürchteten eine “schleichende Islamisierung”.

Alaows berichtete von einer dreiwöchigen Recherchereise nach Syrien. Demnach seien die Folgen des jahrelangen Krieges und der Schreckensherrschaft Assads weiterhin dramatisch. Krankenhäuser, Schulen und Versorgungsnetze funktionierten nur eingeschränkt oder gar nicht. Viele Menschen hätten keine Stromversorgung. 80 Prozent der Menschen seien von humanitärer Hilfe abhängig. Hyperinflation, hohe Arbeitslosigkeit und weit verbreitete Korruption seien eine massive Belastung.

Laut Pro Asyl wollen viele nach Deutschland geflohene Syrer beim Neuanfang und Wiederaufbau Syriens helfen. “Deutschland muss sie hierbei unterstützen, vor allem indem Kurzreisen nach Syrien möglich werden, ohne den Aufenthaltsstatus in Deutschland zu gefährden”, forderte Alaows. Andererseits gebe es viele, die sich hier erfolgreich ein neues Leben aufgebaut hätten, und selbstverständlich Teil Deutschlands bleiben wollten.

Viele Menschenrechtsgruppen in Syrien hofften, dass Deutschland bei einer Aufarbeitung der Verbrechen der vergangenen Jahre in Syrien helfen könne, so Pro Asyl. Bislang habe die syrische Übergangsregierung nichts für eine Aufarbeitung getan. Gleichzeitig gebe es Racheakte; mutmaßliche Regime-Unterstützer würden ermordet.

Die Eindrücke von seiner Recherchereise seien ambivalent, sagte der flüchtlingspolitische Sprecher. “Einerseits erlebe ich eine Aufbruchstimmung und Hoffnung auf Demokratisierung. Anderseits gibt es besonders bei Frauen und Minderheiten sehr große Sorgen, wohin die aktuellen Machthaber der geschäftsführenden Regierung das Land führen werden.”

Beispielsweise hätten sich viele Christen in einem christlich geprägten Stadtteil von Damaskus an Weihnachten kaum getraut, öffentlich Weihnachten zu feiern. Andererseits sei ein Versuch der Regierung, ein Religionsschulbuch mit islamistischen Themen neu zu schreiben, an Protesten der Bevölkerung gescheitert.