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Patientenschützer: Bundestag soll Organspende nicht jetzt neu regeln

Soll jeder Organspender werden, sofern er nicht aktiv widerspricht? Am Mittwoch gibt es eine Experten-Anhörung zum Gesetzentwurf für diese Widerspruchslösung. Patientenschützer und katholische Bischöfe warnen davor.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz fordert die Bundestagsabgeordneten auf, auf eine Neuregelung der Organspende vor der Bundestagswahl zu verzichten. “Am Ende der Legislaturperiode darf es keinen ethischen Ausverkauf geben”, sagte Vorstand Eugen Brysch dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Mittwoch). Am Nachmittag steht eine Experten-Anhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestags an zum fraktionsübergreifenden Gruppenantrag für die Einführung einer Widerspruchslösung.

“Es ist ein Irrglaube, dass allein die Widerspruchslösung zu signifikant mehr Organspenden führt”, betonte er. Schließlich erhöhe die Regelung nicht die Zahl der Hirntoten. Die Einführung wäre aus seiner Sicht außerdem ein erheblicher Eingriff in die körperliche Unversehrtheit.

Brysch fügte hinzu, Schwerstkranke müssten oftmals viele Tage intensivmedizinisch versorgt werden, bevor die Hirntoddiagnose möglich sei: “Diese Intensivtherapie des Betroffenen dient dann allein dem Erhalt der Organfunktionen im Interesse potenzieller Organempfänger.” Anstelle einer Neuregelung forderte er, die 2020 beschlossenen Maßnahmen zur aktuell geltenden Zustimmungslösung umzusetzen, etwa die Anbindung der Pass- und Ausweisstellen an das Organspende-Zentralregister. Zudem plädierte er für stärkere finanzielle Anreize für die Krankenhäuser.

Bisher gilt in Deutschland eine Zustimmungslösung. Als Spender kommt nur in Frage, wer zu Lebzeiten einer Organentnahme ausdrücklich zugestimmt hat. Bei der Widerspruchslösung gilt dagegen: Wer nicht ausdrücklich widersprochen hat, kommt als Spender infrage. Unterstützer der Reform versprechen sich dadurch mehr Organspender, die dringend benötigt würden. Dem Ausschuss liegt auch ein Antrag der Bundesländer für die Einführung einer Widerspruchslösung vor. Völlig offen ist allerdings, ob eine Neuregelung überhaupt noch im Bundestag zur Abstimmung gestellt wird.

Am Dienstag hatte sich auch die katholische Bischofskonferenz gegen eine Widerspruchslösung ausgesprochen. Eine Organspende müsse weiterhin freiwillig und bewusst erklärt sein. Zudem könne eine Widerspruchslösung “je nach Ausgestaltung für Angehörige, die gerade schicksalhaft und unvermittelt ein Familienmitglied verloren haben, ein erhebliches Trauma darstellen”. Wichtiger sei es stattdessen, besser über die Organspende zu informieren sowie Hürden in der Transplantationsmedizin abzubauen.

Nach Angaben der Deutschen Stiftung Organtransplantation verharren die bundesweiten Organspendezahlen “weiterhin auf niedrigem Niveau”. 953 Menschen haben im vergangenen Jahr nach ihrem Tod Organe für eine Transplantation gespendet. Den insgesamt 3.013 Organen, die 2024 nach postmortaler Spende aus Deutschland und dem Eurotransplant-Verbund übertragen wurden, stehen in Deutschland 8.260 Menschen gegenüber, die auf ein Spenderorgan warten.