Hamburg. Mit einer christlich-muslimischen Trauerfeier ist am Freitag in der Hamburger St. Paulikirche an den jungen IS-Kämpfer "Bilal" erinnert worden, der vermutlich im Sommer vorigen Jahres in Syrien im Alter von 17 Jahren getötet wurde. Pastor Sieghard Wilm und der albanische Imam Abu Ahmed Jakobi aus Hamburg-Bergedorf standen gemeinsam vor dem christlichen Altar und sprachen das Schlussgebet. Zuvor hatten beide Ansprachen gehalten und aus Bibel und Koran gelesen, der Imam in arabischer Sprache.
"Bilals" Mutter Florence K. hatte den St. Pauli-Pastor um die Trauerfeier gebeten. Ihr als Christin sei es wichtig, einen Ort zu haben, wo sie Blumen hinbringen könne. In einer kurzen Ansprache dankte sie der Trauergemeinde für ihr Kommen. Sie bitte Gott um Verzeihung für alles, was sie ihrem Sohn schuldig geblieben sei, sagte sie.
Zum Islam konvertiert
"Bilal" hieß ursprünglich Florent Prince N., wurde in Kamerun geboren und als Christ getauft. Als Kleinkind kam er nach Deutschland und wuchs auf St. Pauli auf. Vermutlich mit 14 Jahren kam er in Kontakt mit der radikalen Salafisten-Szene und konvertierte zum Islam. Im Mai vorigen Jahres reiste er mit einem gefälschten Pass nach Syrien, um für den "Islamischen Staat" zu kämpfen. Dort ging ihm offenbar auf, wie sehr er belogen und seine Ideale enttäuscht worden waren.
In Rakka im Südwesten Syriens nahm er eine Audio-Botschaft auf, in der er den IS kritisierte. Kurze Zeit später war er tot. Anfang März wurde die Audio-Datei verbreitet. Der Verfassungsschutz hält es für möglich, dass er vom IS für seine Botschaft bestraft wurde.
"Er war ein guter, aufrichtiger Junge", sagte Imam Ahmed Jakobi in seiner Traueransprache. Er habe sich für den islamischen Glauben "nicht aus Trotz entschieden". Vor allem aber habe er damit seine christlichen Traditionen nicht verlassen, denn beide Religionen gehörten zur abrahamitischen Überlieferung. Der IS jedoch habe ihn verführt, irregeführt. Der Imam nannte es die gemeinsame Aufgabe von Gesellschaft, Kirchen, Moscheen und Familien, alle Kinder vor solchen Verführungen zu schützen.
Trauer als Zeichen gegen den Terror
Pastor Wilm sagte in seiner Predigt, die gemeinsame Trauer setze ein gemeinsames Zeichen gegen den Terror. "Wir stehen zusammen in einer Zeit, in der unsere offene Gesellschaft ebenso bedroht ist von islamistischem Terror wie von Fremdenfeindlichkeit und Rechtspopulismus." Nicht jedem gefalle diese gemeinsame Trauer. Doch Gott könne "aus dem Bösesten Gutes entstehen lassen".
Wilm kannte Florent aus der Jugendarbeit. Er war mehrere Jahre lang ein Freund seines Pflegesohns und in der Gemeinde aktiv. Es gibt Fotos von ihm, wie er an der Fassade der St. Pauli-Kirche hinaufklettert. Es sei ihm wichtig, so Wilm vor dem Gottesdienst, dass Christen und Muslime gemeinsam feiern, um deutlich zu machen, dass sie zu einem "Gott des Friedens" beten. (epd)