Artikel teilen

Palliativexpertin: “Pflege ist spirituelle Tätigkeit”

Für ein anderes Verständnis von Pflege hat die scheidende Leiterin der Fachstelle „Spiritualität – Palliative Care – Ethik – Seelsorge“ (SPES) der Diakonie München, Dorothea Bergmann, geworben. „Pflege ist im Grunde eine spirituelle Tätigkeit“, sagte die Pfarrerin im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) mit Blick auf die Reinigungsrituale der großen Religionen. Durch die Berührung beim Waschen oder Eincremen entstehe Beziehung. Bettlägerige Bewohnerinnen und Bewohner bekämen dadurch oft erst wieder ein Gespür für den eigenen Körper und ihre Identität, sagte die Pfarrerin.

Die Fachstelle SPES berät die Altenheime der Diakonie München und Oberbayern seit 25 Jahren bei schwierigen ethischen Entscheidungen und schult Pflegekräfte für die Bedürfnisse von Menschen am Lebensende. „Pflege hat schon immer Sterbende begleitet, nur hat man vor 25 Jahren nicht darüber gesprochen“, sagt Bergmann, die die Stelle zwölf Jahre lang geleitet hat. Für viele Mitarbeitende sei es aber eine Entlastung, wenn sie sich über Fragen des Lebensendes austauschen könnten. Palliativkonzepte, ethische Fallbesprechungen, Beratung für Pflegebedürftige und Angehörige sowie Leitlinien zu den Themen Sterbewunsch, Nahrungsaufnahme oder assistierter Suizid gehörten mittlerweile zum Standard in den Einrichtungen der Diakonie München.

Es käme nicht oft vor, dass Bewohner den Wunsch nach assistiertem Suizid äußerten, schränkt Bergmann ein. „Unsere Erfahrung zeigt, dass die meisten davon abrücken, wenn sie hören, was zum Beispiel beim Thema Schmerzlinderung alles möglich ist“, sagt die Palliativexpertin. Bleibe der assistierte Suizid dennoch Thema, sorge die Fachstelle dafür, dass alle Beteiligten gut begleitet würden: „Wir lassen niemanden allein.“ Auch für andere ethische Grenzfälle – bei Fragen von Zwangsernährung, Therapieverzicht oder Akzeptanz von Patientenverfügungen – gebe es seit 15 Jahren den Ethikbeirat, dessen Mitglieder vor Ort Fallbesprechungen moderierten.

Stolz ist Bergmann darauf, dass „der Durchdringungsgrad“ der Ideen von SPES in den Heimen der Diakonie-Tochter „Hilfe im Alter“ groß ist. Zuletzt sei die Stelle sogar um eine weitere Fachkraft aufgestockt worden; auch die Palliativbeauftragten in den Heimen sollen Stundenkontingente für ihre Arbeit bekommen. „Es ist viel gelungen, aber das Geschaffene muss jetzt stabilisiert werden“, betont Bergmann.

Am Freitag (29.11.) feiert die Fachstelle SPES ihr Jubiläum und verabschiedet Dorothea Bergmann, die zum 1. Januar aus gesundheitlichen Gründen in den vorgezogenen Ruhestand geht. Ihr Nachfolger ist ab 1. Februar Diakon Harald Braun von der Münchner Markuskirche. (00/3786/28.11.2024)