Die nordrhein-westfälische SPD sieht die Pflegeversicherung „vor dem Kollaps“ und ruft die Landesregierung zu mehr Investitionen in die Pflegebranche auf. Die Zahl der Pflegebedürftigen steige in NRW rasant, erklärte der pflegepolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag, Thorsten Klute, am Montag in Düsseldorf anlässlich des 30-jährigen Bestehens der Pflegeversicherung in Deutschland. Ende 2023 hätten in NRW 1,39 Millionen Menschen als pflegebedürftig gegolten. Das sei ein Anstieg von 16,4 Prozent im Vergleich zu 2021.
Laut Klute findet der Anstieg in allen Pflegegraden statt. Rechne man die geschätzt etwa zwei Millionen pflegenden Angehörigen hinzu, sei etwa jede fünfte bis sechste in NRW lebende Person von Pflegebedürftigkeit betroffen. Die allermeisten Pflegebedürftigen in NRW lebten zu Hause (88 Prozent) und würden von Angehörigen mit versorgt.
Zugleich wachse das professionelle Pflegepersonal nicht im gleichen Maße mit. Zwar gebe es in NRW viel Interesse an einer Ausbildung zur Pflegefachkraft, allerdings sei die Abbrecherquote bei den Azubis mit etwa 40 Prozent viel zu hoch, sagte Klute. Zudem habe die Anzahl der Insolvenzen von Pflegebetrieben mit 125 im Jahr 2023 einen neuen Rekord erreicht. Pflegebetriebe in NRW litten an mangelnder Finanzierung, zu geringem Personal und an der Bürokratie.
Um der Situation gegenzusteuern, verlangt die SPD von der Landesregierung unter anderem mehr Investitionen in die Pflegeschulen und Maßnahmen zur Verringerung der Abbrecherquote. Notwendig sei auch die Anpassung der Investitionskostenförderung des Landes für Pflegebetriebe. Aktuell liegt die Förderung des Landes für ambulante Pflegedienste bei 2,15 Euro pro Leistungsstunde. Dieser Satz sei seit 29 Jahren „nahezu unverändert“, deshalb sei eine Anhebung auf mindestens 3,60 Euro pro Leistungsstunde erforderlich. Zudem müssten die hohen Eigenanteile in der stationären Langzeitpflege bei maximal 1.000 Euro pro Monat gedeckelt werden, forderte Klute.
Die Pflegeversicherung war 1995 als fünfte Säule der sozialen Sicherung neben Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Unfallversicherung eingeführt worden. Rechtliche Grundlage der Pflegeversicherung ist das elfte Sozialgesetzbuch (SBG XI). Wie die anderen Sozialversicherungen wird auch die Pflegeversicherung paritätisch von Arbeitnehmern und Arbeitgebern finanziert.