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NRW-Innenminister besorgt über islamistische Influencer

Der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) hat sich besorgt über den zunehmenden Einfluss von islamistischen Influencern geäußert. Über Social-Media-Plattformen würden diese „Lifestyle-Islamisten“ extremistische Inhalte und menschenverachtende Ideologien ungefiltert an Jugendliche und Kinder weitergegeben, sagte Reul am Dienstag in Düsseldorf zur Veröffentlichung des „Lagebilds Islamismus“ für NRW. „Hass-Prediger haben Online-Propaganda auf TikTok, Instagram oder Telegram perfektioniert“, betonte der Minister. Vor allem jüngere Menschen könnten darüber Zugang zum extremistischen Positionen und Gruppen finden. Diese Entwicklung betrachte er mit Sorge.

Das Lagebild wurde erstmals veröffentlicht. Es ist dem Minister zufolge einer von mehreren geplanten Berichten zu verschiedenen Bereichen des Extremismus, die in den kommenden Jahren veröffentlicht werden sollen. Unter den verschiedenen Gruppierungen sei besonders der „Islamische Staat Provinz Khorasan“ (ISPK) Nährboden für Gewalt, hieß es. Es gebe Anzeichen, dass diese Gruppierung „komplexe koordinierte Terrorangriffe“ in Europa plane, etwa bei der Fußball-Europameisterschaft im Sommer. Reul und der Leiter des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes, Jürgen Kayser, sprachen von einer „abstrakt hohen Gefahr“. Eine konkrete Bedrohungslage sähen die Behörden aktuell aber nicht.

Schwerpunkte islamistischer Aktivitäten in NRW liegen laut Bericht aktuell vor allem in Bonn, Köln, Düren, Aachen, Wuppertal, Düsseldorf, Mönchengladbach, dem Ruhrgebiet, Münsterland, Siegen und in Ostwestfalen-Lippe. Im Januar seien 2.600 Menschen in NRW dem „salafistischen Personenpotenzial“ zugerechnet worden, 600 davon seien gewaltorientiert und 187 würden als Gefährder gelten.

NRW-Verfassungsschutzchef Kayser verwies auf die Bedeutung von Prävention. Angebote und Kooperationen dazu würden stetig erweitert, aktuell etwa gemeinsam mir dem Schulministerium. Lehrerinnen und Lehrer sollen dadurch besser geschult werden, um mit extremistischen Aussagen umzugehen und Alarmsignale für eine Radikalisierung von Schülerinnen und Schülern früh zu erkennen. Doch Aufklärungsarbeit sei auch eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, betonte Kayser. Nötig sei etwa auch ein breiter Widerspruch auf Social-Media-Plattformen.

Den unterschiedlichen islamistischen Akteuren in NRW sei eine „aggressive Ablehnung des Staates Israel“ gemein, heißt es in dem Lagebild. Damit einher gehe auch „eine antisemitische Grundhaltung, die von subtiler Ablehnung bis hin zur offen propagierten Bekämpfung von Jüdinnen und Juden reicht“.

Entwicklungen im Ausland wirkten sich auch auf den Islamismus in Deutschland und NRW aus, betonte Reul. So bietet laut Bericht etwa die Lage im Nahen Osten „Ansätze für eine Instrumentalisierung“ und ermögliche es Islamisten, „weit über ihr Kernklientel hinaus bis in die Mitte der Gesellschaft hinein“ zu wirken. Die Islamisten strebten dabei an, extremistische und nicht-extremistische Spektren näher zusammen zu bringen.

Der Innenminister erneuerte seine Forderung nach einem Verbot der Gruppierungen „Realität Islam, Generation Islam“ und „Muslim Interaktiv“. Sie stünden ideologisch der verbotenen „Hizb ut-Tahrir“ nahe und mobilisierten online, aber auch abseits des Internets, zu Demonstrationen, auf denen in den vergangenen Monaten in Essen oder Hamburg ein Kalifat in Deutschland gefordert worden sei. „Wir dürfen nicht zulassen, dass solche Organisationen uns vorführen“, sagte der Minister.

Als Islamismus definiert der Bericht politische Auffassungen und Aktionen, die aus dem Islam einen vorherrschenden politischen Anspruch sowie eine Gesellschafts- und Staatsordnung ableiten und die auf eine Abschaffung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zielen.