Guben. Groß ist sein Einzugsbereich. 2000 Gemeindeglieder leben hier. Pfarrer Eric Söllner (47), seit Mai in der Kirchengemeinde Region Guben, ist in der Stadt Guben sowie im Umland in Atterwasch, Kerkwitz, Grano, Pinnow, Sembten, Groß Breesen, Coschen, Bomsdorf und Steinsdorf unterwegs. „Die offene, einladende Gemeindearbeit vor Ort will ich fortsetzen. Seelsorge und Verkündigung bilden Schwerpunkte. Ebenso liegt mir an Mitbestimmung“, sagt er. Unterstützt wird er in der Gemeinde von Pfarrer Meik Schmidt. Das Groß Breesener Pfarrhaus ist nun Eric Söllners Zuhause.
Erst spielte die Kirche keine Rolle
In den Glauben ist er erst hineingewachsen. Zu Hause, im ostthüringischen Berga an der Elster, zwischen Gera und Greiz, spielte Kirche bei ihm keine Rolle. Der Vater war Maurer im städtischen Baubetrieb. Die Mutter arbeitete als Verkäuferin in Greiz, später in Berga. Im Nachbarort Waltersdorf gab es eine evangelisch-methodistische Gemeinde. Missionar Ehrhardt Friedrich Wunderlich (1830-1895) hatte sie gegründet. 1849 war er in die USA ausgewandert, wo er sich unter dem Einfluss seines Onkels zum Methodismus bekehrte. 1850 kam er zurück in seine thüringische Heimat und begann, eine methodistische Gemeinden aufzubauen. Er stieß auf heftigen Widerstand der kirchlichen und staatlichen Obrigkeiten. Mehrfach musste er wegen seines Glaubens sogar ins Gefängnis. 1853 sandte ihn seine Kirche wieder nach Amerika. Bis dahin hatte er in Thüringen einige evangelisch-methodistische Gemeinden gegründet.
„Durch einen Schulfreund kam ich in Waltersdorf zum Religionsunterricht“, erzählt Eric Söllner. „Vor Ort sehr prägend für mich war Pastor Friedemann Trommer. Seine Zugewandtheit, seine Offenheit, seine Menschlichkeit, die lebendige Liebe Gottes in ihm berührten mich stark.“
1995 ließ er sich taufen
Ein kleiner Jugendkreis entstand. Darin kamen evangelische, katholische und auch nichtchristliche Jugendliche zusammen. Intensiv diskutierten sie über Glaubensfragen. „Dort bin ich vom Mithören und Mitreden zum Mittun gekommen“, erinnert sich Eric Söllner. Sie lasen Bibeltexte. Redeten über Themen wie Freiheit, Gerechtigkeit, Umweltschutz, Liebe und Partnerschaft. „1995 ließ ich mich taufen und in die evangelisch-methodistische Kirche aufnehmen“, erzählt Eric Söllner.
Im Unterschied zur Evangelischen Kirche legt die Methodistische Kirche noch mehr Wert auf Mitbestimmung und aktiven Laiendienst. In Eric Söllner reifte der innere Wunsch, in den Predigtdienst zu gehen und Pfarrer zu werden. Die Gemeinde wurde darüber befragt und signalisierte Zustimmung. Eric Söllner ging ein Jahr ins Vorpraktikum nach Reichenbach im Vogtland. Danach studierte er fünf Jahre Theologie in Reutlingen. Die Betonung lag auf der Praxis. Seelsorge, Katechetik (Kinder- und Jugendarbeit), Verkündigung, Ehrenamtsarbeit, Laiendienst – all dies lernte Eric Söllner kennen und schätzen.
Einladung für Nichtchristen
Nach dem Studium war er 2002 bis 2005 zunächst Pastor auf Probe – was einem Vikariat ähnelt, in den methodistischen Gemeinden Dessau und Abtsdorf. Dort lebte das Ehrenamt durch viele Engagierte. In Abtsdorf lernte er seine spätere Frau Ammanda (48) kennen, die aus dem Fläming stammt. Sie engagierte sich in der Kinder- und Jugendarbeit. „Gemeinsam riefen wir dann einen Offenen Kindertreff ins Leben. Er war auch Einladung für Nichtchristen. Und tatsächlich erreichten wir viele Kinder“, schildert Eric Söllner im Rückblick. „Diese offene, einladende Arbeit hat mich damals sehr angesprochen.“
2008 blieb er im Bezirk Dessau-Abtsdorf im Dienst. Inzwischen war im Mai 2005 seine Ordination zum Ältesten der Evangelisch-methodistischen Kirche erfolgt. Von 2007 bis 2010 war Eric Söllner Pfarrer in der Klinik Klosterwald für suchtkranke Menschen. Von 2010 bis 2023 arbeitete er als Theologischer Geschäftsführer der Fachklinik Klosterwald in Bad Klosterlausnitz.
Ehrenamtliche fördern – nicht überfordern
Die neue Aufgabe in Guben reizt ihn. „Meine Frau und ich wollten in Brandenburg leben“, sagt er. „Meine Wurzeln mütterlicherseits liegen in Schlesien. Die Urgroßmutter meiner Frau stammte sogar aus Guben. Ihr gehörte hier früher ein Kolonialwarenladen.“ Von der Evangelisch-methodistischen Kirche trat Eric Söllner über in die Evangelische Landeskirche Berlin Brandenburg Schlesische Oberlausitz.
In Guben will er Ehrenamtliche in den Gemeinden stärken und begleiten. Sie zu fördern, ist ihm wichtig. Nur überfordert fühlen, solle sich niemand. „Engagement soll Freude bereiten und immer wieder Inspiration sein.“ Das reicht von Kirchenmusik über Küsterdienst bis hin zur Arbeit mit Kindern und Jugendlichen sowie zur Arbeit mit Seniorinnen und Senioren.
„Wir wollten auf dem Land leben.“
Außer Verkündigung und Seelsorge liegt dem neuen Pfarrer an der Zusammenarbeit mit Polen. Im Rathaus Guben gibt es derzeit eine Ausstellung über Bibel und Qumran. Auch solche Projekte will der neue Pfarrer nach Kräften unterstützen. „Ich lebe erst wenige Tage hier in der Lausitz. Unser Wohnhaus steht in Groß Breesen“, sagt Eric Söllner. „Das ist gezielt gewählt. Wir wollten auf dem Land leben.“
Die Region Guben sieht er als guten Ort, im Glauben zu wachsen und neuen Glauben zu säen. Manchmal zweifelt auch er als Pfarrer im Glauben. „Doch ich fühle mich von Gott angenommen. Ich sage mir: ‚Du bist von Gott geliebt und gewollt‘“, meint Eric Söllner nachdenklich. „So kann ich mich auch selbst in Frage stellen – weil ich mich gehalten weiß. Das ist der tragende Grund unseres Glaubens. Ich kann daran wachsen, kann etwas verändern – weil ich in Gottes Hand bin.“