Der Streit um einen mutmaßlichen Rassismus-Vorfall in der Maria-Magdalena-Gemeinde in Hamburg spitzt sich zu. Gegen den Pastor, der sich abfällig über Migranten und Minderheiten geäußert haben soll, hatte die evangelische Nordkirche im Mai 2023 Strafanzeige erstattet und ihn vorläufig vom Dienst enthoben. Auf Antrag des Beschuldigten hat jetzt das Kirchengericht der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) seine vorläufige Dienstenthebung in der Maria-Magdalena-Gemeinde ausgesetzt, wie die Nordkirche bestätigte. Der Sinti-Verein, der die Vorwürfe gegen den Pastor erhoben hatte, äußerte sich „entsetzt“ über die Entscheidung der EKD.
„Die Nordkirche hätte sich ein anderes Urteil gewünscht“, sie respektiere aber die Entscheidung der Disziplinarkammer des Kirchengerichtes der EKD, sagte der Sprecher der Nordkirche, Dieter Schulz, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Er betonte, dass unabhängig von dieser Entscheidung das Disziplinarverfahren gegen den betroffenen Pastor fortgesetzt werde. Für den Fortgang des Verfahrens warte die Nordkirche auf das Ergebnis der Ermittlungen der staatlichen Strafverfolgungsbehörden. Bislang sei „kein Zeitrahmen für einen Abschluss der Ermittlungen“ bekannt, hieß es.
Sinti-Verein: “EKD setzt ein fürchterliches Signal”
Dass der Geistliche wieder in seiner Gemeinde eingesetzt werden soll, bezeichnet der Sinti-Verein als „Hohn“. Es sei mehr als beschämend, dass sich eine Kirche, die für Nächstenliebe und Respekt gegenüber Menschen stehen soll, mit so einem Verhalten so widerspreche. Dabei habe sich die EKD „in vielen öffentlichen Statements immer dazu verpflichtet gerade auch für unsere Community da zu sein, wenn Antiziganismus betrieben wird“, teilte der Verein mit. Die EKD hat sich bislang nicht dazu geäußert.
„Gerade in der aktuellen Situation unserer Gesellschaft, in dem der Rechtspopulismus enorm zunimmt, setzt die EKD damit ein fürchterliches Signal“, hieß es vom Sinti-Verein. Er will gemeinsam mit der Community, EU-Politikern, anderen Vereinen und Verbänden gegen das Urteil der EKD vorgehen. „So etwas darf nicht umgesetzt werden“, hieß es.
Nordkirche hatte Strafanzeige gegen den Pastor gestellt
Die Hamburger Morgenpost hatte zuerst über den Vorfall im vergangenen Jahr berichtet: Der „Sinti-Verein zur Förderung von Kindern und Jugendlichen“ hat in der Maria-Magdalena-Gemeinde kirchliche Räume gemietet. Der Pastor soll die Sinti mehrfach ermahnt haben, die Kirche so zu hinterlassen, wie sie diese vorgefunden haben, hieß es. Mit der Zeit sei der Streit eskaliert und der Pastor soll die Sinti abfällig beschimpft haben. Laut „Morgenpost“ soll der Pastor die Sinti unter anderem als „Zigeunerpack“ bezeichnet haben. Später soll er es abgelehnt haben, sich zu entschuldigen.
Nach Bekanntwerden der Vorwürfe hatte die Nordkirche nach eigenen Angaben gegen den Pastor in einem geordneten Verfahren ein Disziplinarverfahren eröffnet, Strafanzeige gestellt und den Geistlichen vorläufig des Dienstes enthoben. Die Äußerungen, die dem Pastor vorgeworfen würden, widersprächen „in eklatanter Weise“ den Werten der Nordkirche. „Die Nordkirche nimmt Vorwürfe für dienstliches Fehlverhalten generell und insbesondere in diesem genannten Kontext sehr ernst“, sagte Schulz. Solche Verfahren würden zügig und mit der notwendigen Sorgfalt unter Berücksichtigung der Rechte der Betroffenen und der Beteiligten durchgeführt.
Der Beschuldigte hatte in einem Eilrechtsverfahren den Antrag auf Aussetzung gestellt. Die Disziplinarkammer des Kirchengerichtes der EKD habe daraufhin „unter Berücksichtigung des bisherigen Standes des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens die vorläufige Dienstenthebung des Pastors ausgesetzt“, sagte Schulz.