Der Schutz und die Förderung jüdischen Lebens und jüdischer Kultur wird als Staatsziel in die Landesverfassung von Mecklenburg-Vorpommern aufgenommen. Der entsprechende Gesetzentwurf der Fraktionen von SPD, Linke, CDU, Grünen und FDP erhielt am Mittwoch im Schweriner Landtag 59 Ja-Stimmen und damit sechs Stimmen mehr als die erforderliche Zweidrittelmehrheit. Laut Beschluss wird Artikel 18a Absatz 2 neu gefasst ergänzt um den Satz: „Im Bewusstsein der besonderen historischen Verantwortung Deutschlands schützt und fördert das Land Mecklenburg-Vorpommern das jüdische Leben und die jüdische Kultur.“
Die bestehende Extremismus-Klausel in Artikel 18 wird erweitert und benennt auch nationalsozialistisches und antisemitisches Gedankengut als verfassungswidrig. Neu ist auch eine Passage, in der der Staat und jeder Einzelne aufgefordert werden, „diesen entschieden entgegenzutreten“.
Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) sagte in der Aussprache, die Verfassungsänderung sei ein wichtiges Anliegen und „keine Laune des Zeitgeistes“. Es sei wichtig, die Erinnerung an den Holocaust wach zu halten. Wichtig sei auch, dass Juden in Deutschland heute ohne Angst leben können. Die heute Lebenden hätten die Verantwortung, dass so etwas wie der Holocaust nie wieder passiert.
Zuvor hatte der AfD-Abgeordnete Horst Förster gesagt, es sei kein Katalog geächteten Gedankenguts in der Verfassung erforderlich. Der Staat habe die Aufgabe, das Leben aller zu schützen. Es könne und dürfe keine Hierarchien geben.
Sebastian Ehlers von der CDU-Fraktion sagte, der Schutz jüdischen Lebens sei kein Symbol, sondern eine Notwendigkeit. Die Vorsitzende der Linksfraktion, Jeannine Rösler, sagte, jüdisches Leben und Kultur seien fester Bestandteil „unserer Gesellschaft“ und müssten geschützt und gestärkt werden. Der FDP-Fraktionsvorsitzende betonte, dass Antisemitismus eine reale Bedrohung sei, die wieder an Boden gewinne.
Die Landesbischöfin der evangelischen Nordkirche, Kristina Kühnbaum-Schmidt, bezeichnete die beschlossene Verfassungsänderung als ein klares und wichtiges Zeichen gegen Antisemitismus und für die Zukunft jüdischen Lebens in Mecklenburg-Vorpommern, wie die Nordkirche mitteilte. „Nur zwei Tage nach dem nationalen Gedenktag zur Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert uns diese Verfassungsänderung daran, dass Erinnern allein nicht reicht. Wir müssen aus dem Gedenken heraus handeln und Verantwortung übernehmen“, sagte Kühnbaum-Schmidt.
„Mit der heutigen Entscheidung trägt Mecklenburg-Vorpommern nicht nur seiner historischen Verantwortung Rechnung, sondern gibt ein hoffnungsvolles und verbindendes Signal in die Gesellschaft: Jüdisches Leben gehört in die Mitte unseres Landes“, erklärte die Landesbischöfin.