Itzehoe. Die Orgel ist schon verstummt. Ein Experte hat sie abgebaut und in Kiel eingelagert. Zum Gottesdienst in der St. Michaeliskirche von Itzehoe spielt Kantor Stephan Reinke deshalb Klavier. Doch das ist nur ein Vorbote für das, was in den kommenden Monaten der Kirche bevorsteht. Mit großem Aufwand beginnt in diesen Tagen der Umbau, danach soll die Kirche zum Zentrum für Popularmusik werden.
Mit dem Umbau will die Gemeinde ein Problem lösen, das schon länger besteht: Seitdem die Bundeswehr ihre nahegelegene Kaserne 2008 aufgegeben hat, ist die Garnisonskirche St. Michaelis mit ihren etwa 400 Plätzen für die kleine Gemeinde mit gerade einmal 1500 Mitglieder überdimensioniert. Außerdem kommt die Bundeswehr auch nicht mehr für Unterhaltungskosten auf.
Gemeindehaus verkauft
Deshalb hat sich die Gemeinde im Stadtteil Wellenkamp schon vor vielen Jahren entschlossen, ihr Gemeindehaus zu verkaufen und das Leben auf die Michaeliskirche zu konzentrieren. Nun wird umgebaut: Der Gottesdienstraum wird etwa um die Hälfte verkleinert und hat nur noch 180 Plätze. Im hinteren Teil entstehen im Erdgeschoss zwei Gemeinderäume, wo etwa Konfirmandenunterricht und Gemeindecafé stattfinden sollen. Im ersten Stock werden zwei Proberäume gebaut – einer für Bands und einer für Chöre bis zu 100 Mitgliedern.

Etwa 950.000 Euro kostet der Umbau – eine ganze Menge für die Gemeinde. Doch das Projekt ist für Reinke das Geld wert. „Es ist zukunftsweisend dafür, wie man Strukturen verschlankt und Aktivitäten in einer Gemeinde bündelt“, sagt Gemeindepastorin Katharina Reinke, Stephan Reinkes Ehefrau.
Die Gemeinde hat zahlreiche Spendenaktionen gestartet und investiert die 120.000 Euro aus dem Verkauf des Gemeindehauses an die Diakonie. 260.000 Euro Zuschuss kommen vom Kirchenkreis Rantzau-Münsterdorf, durch kleinere Fonds kommen weitere 80.000 Euro.
Gottesdienst auch während des Umbaus
Während des Umbaus wird weiter Gottesdienst gefeiert in der Kirche, es soll eine provisorische Wand hochgezogen werden. Nur für wenige Wochen wird die Kirche komplett gesperrt. Fertig sein soll alles im kommenden Jahr, möglicherweise zu Ostern. „Das wäre ein schöner Zeitpunkt für einen Eröffnungsgottesdienst“, sagt Kantor Reinke.
Anschließend will der Kirchenmusiker St. Michaelis zum Zentrum für Popmusik machen. Dahinter steckt ein Konzept des Kirchenkreises, das schon einige Jahre verfolgt wird: In der Innenstadtkirche St. Laurentii dominiert weiter die klassische Kirchenmusik, und in Wellenkamp am Rande der Stadt soll die Popularmusik zuhause sein. Dafür wurde eigens eine zweite Kantorenstelle geschaffen, die Reinke innehat.
Kooperationen angedacht
Musikgruppen und Chöre aus ganz Itzehoe sollen dann in der Michaeliskirche proben – von Jazz bis Gospel. Im Probenraum steht ein E-Schlagzeug, andere Instrumente müssen nur eingestöpselt werden. Der Raum soll Bands zur Verfügung gestellt werden, wobei Kantor Reinke besonders den Nachwuchs fördern möchte. Kooperationen mit Itzehoer Schulen sind bereits angedacht.
Von der neuen Kirche soll auch ein Impuls an die Stadt gehen, wünscht sich Reinke und nennt ein Beispiel. Die Itzehoer Lokalpolitiker könnten den großen Probenraum für eine Ratsversammlung mieten.
Orgel wird neu intoniert
Auch der Gottesdienstraum soll natürlich musikalisch genutzt werden – für zahlreiche Konzerte und für ein neues Gottesdienst-Format, bei dem Pastorin Reinke Popsongs in den Mittelpunkt stellen möchte.