Mit Marianne Gorka wird die Führungsebene der hannoverschen Landeskirche weiblicher. Von Februar an wird die 52-Jährige neue Regionalbischöfin in Lüneburg. Zeitgleich übernimmt in Emden Sabine Schiermeyer das Amt. Im Bischofsrat als einem der kirchenleitenden Gremien sind dann erstmals in der Geschichte der größten evangelischen Landeskirche in Deutschland mehr Frauen als Männer vertreten. „Ich will mit offenem Ohr und weitem Herzen sehen, wo ich gebraucht werde“, hat sich die neue leitende Lüneburger Theologin vorgenommen.
Beim Epiphanias-Empfang in Loccum bei Nienburg, dem ersten großen öffentlichen Termin der Landeskirche des Jahres, waren erstmals alle vier Frauen vertreten, die gemeinsam mit zwei Regionalbischöfen und Landesbischof Ralf Meister den Bischofsrat bilden. „Da war spürbar, das Bild ändert sich“, sagt Marianne Gorka. Doch gehe es ihr persönlich nicht um eine Geschlechterzuweisung, betont die Theologin, die mit zwei älteren Brüdern in der Nähe von Hildesheim aufgewachsen ist. Sie selbst sei eher handfest und burschikos als „mädchenhaft“. „Wichtig sind die einzelnen Persönlichkeiten.“ Und auch ein Generationenwechsel bahne sich an.
In einem der größten der sechs Sprengel der Landeskirche will Gorka so etwas wie eine Brückenbauerin sein zwischen der Kirchenleitung sowie den Kirchenkreisen und Gemeinden, eine Lobbyistin für die Mitarbeitenden aller Berufsgruppen. Zwischen Hittfeld bei Hamburg im Norden und Wolfsburg im Süden, Walsrode im Westen und Lüchow-Dannenberg im Osten erstreckt sich die Region mit zehn Kirchenkreisen und rund 220 Kirchengemeinden. „Vom Industriestandort Wolfsburg bis zu ländlichen Gebieten mit teils traditionell geprägter Frömmigkeit, ist die Vielfalt groß“, sagt Gorka.
Es gibt Friedensorte, die von kirchlichen und anderen Bildungsstätten betrieben werden, aber auch Kasernen mit Militärkirchengemeinden. Vor dem Hintergrund wachsender Konflikte in der Welt will Marianne Gorka den Dialog unter ihnen befördern. „Auch das Militär und die Militärgemeinden leisten Friedensarbeit“, sagt sie. Überhaupt sieht sie eine Rolle der Kirche in der Vermittlung, zum Beispiel angesichts der jüngsten Bauernproteste oder im Streit um die Energiepolitik, in dem Gorleben trotz des Endlager-Aus noch immer eine Rolle spielt.
Ein weiteres Thema, das auf die frisch gebackene Regionalbischöfin zukommen wird, ist die Auseinandersetzung mit sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche. Am 25. Januar wird dazu eine Studie veröffentlicht, auch im Sprengel Lüneburg gab es Fälle. Die Studie sei ein weiterer wichtiger Baustein in einem Prozess, in dem sich die Kirche befinde, sagt die Theologin. „Die große Bereitschaft ist da, an der Aufarbeitung mitzuwirken.“
Worauf sie sich mit ihrem neuen Amt einlasse, wisse sie, sagt sie mit einem Lächeln. Die 52-Jährige ist verheiratet mit Eckhard Gorka, der bis zu seinem Ruhestand Anfang 2021 Regionalbischof in Hildesheim war. Trotz des Traditionsabbruches und der Konflikte ist Marianne Gorka von der Kraft der Kirche als einer Säule des gesellschaftlichen Zusammenhalts weiter überzeugt. „Es lohnt sich, sie zu stärken.“
Von Jugend an ist Gorka selbst der Kirche verbunden, erst als Kindergottesdiensthelferin, dann in der Jugendarbeit. Sie war als Gemeindepastorin tätig und bildete im Predigerseminar Loccum als Studieninspektorin künftige Pastorinnen und Pastoren aus. „Für mich ist das noch immer ein Traumberuf“, sagt die Pastorin, die unter anderem auch Hörfunkandachten für den NDR schreibt und spricht.
Zuletzt war die begeisterte Posaunenchor-Spielerin und Chorsängerin als Leiterin des landeskirchlichen Posaunenwerks am Michaeliskloster in Hildesheim tätig. An ihr erstes großes Landesposaunenfest 2014 erinnert sie sich noch gut. Ihr künftiger Wohnort Lüneburg hat sich damals von der besten Seite gezeigt. Tausende von Bläserinnen und Bläser waren bei dem Open-Air-Gottesdienst vor der Kulisse des historischen Marktplatzes dabei, erzählt sie: „Da war ich schon geflasht!“