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Minister will Zusammenarbeit mit US-Militärjustiz überprüfen

Nach dem Freispruch eines US-Soldaten im Prozess um eine tödlich verlaufene Messerattacke sieht der rheinland-pfälzische Justizminister Herbert Mertin (FDP) keine Chance mehr, das umstrittene Urteil zu revidieren. Die Jury-Entscheidung des amerikanischen Militärgerichts auf der Air Base Spangdahlem in der Eifel sei nicht anfechtbar, sagte er am Donnerstag in der Sitzung des Landtags-Rechtsausschusses: „Was die strafrechtliche Seite angeht, ist es damit vorbei.“ Mertin kündigte an, mit den Staatsanwaltschaften im Land zu beraten, ob Strafverfahren gegen amerikanische Militärangehörige auch künftig weiterhin automatisch an die US-Behörden abgegeben werden.

Bei der deutschen Justiz sehe er bei dem Tötungsdelikt in Wittlich keine Fehler. Bislang habe es bei den Staatsanwaltschaften keine Zweifel an der Zuverlässigkeit der US-Militärjustiz gegeben. Es gebe keine Belege dafür, dass die US-Behörden nicht oder nicht entschlossen genug gegen straffällig gewordene Soldaten in Deutschland vorgehen.

Nach dem geltenden Zusatzabkommen zum Nato-Truppenstatut könne die deutsche Justiz die Strafverfolgung zwar in bestimmten Fällen an sich ziehen. Dies müsse aber auch künftig die Ausnahme bleiben, sagte der Minister. Ansonsten würde der Staatsvertrag mit den USA ausgehebelt: „Das führt zu erheblichen Verwicklungen auf diplomatischen Wegen.“ Eine Änderung des Zusatzabkommens werde von der Bundesregierung nicht gewünscht, Rheinland-Pfalz könne das nicht ändern. Die US-Administration würde Änderungen auch nicht zustimmen, erst recht nicht unter Präsident Donald Trump.

Ein 28-jähriger Wittlicher war im August 2023 am Rande des Volksfestes „Säubrennerkirmes“ in eine Auseinandersetzung mit zwei US-Soldaten geraten und mit einem Messer tödlich verletzt worden. Die beiden Amerikaner waren vom Tatort geflohen, konnten aber von Zeugen identifiziert werden. Einer der beiden räumte die Tat bei einer Vernehmung durch deutsche und amerikanische Kriminalbeamte in einem später widerrufenen Geständnis ein, in dem er auch Täterwissen offenbarte. Auf der US-Air- Base in der Eifel wurde er unter anderem wegen „unbeabsichtigten Mordes“ wie in solchen Fällen vorgesehen vor ein amerikanisches Militärgericht gestellt.

Die Jury sprach den Bediensteten des Luftwaffen-Bodenpersonals im Oktober 2024 allerdings frei, ohne die Entscheidung näher zu begründen. Das Geständnis war von der Richterin nicht als Beweismittel zugelassen worden. US-Behördenvertreter hätten die Entscheidung später in Gesprächen mit „ermittlungstaktischen Fehlern“ bei der Vernehmung begründet, berichtete Mertin. Der Soldat sei nicht korrekt darüber informiert worden, dass er nach dem Tod des Opfers nicht mehr wegen Körperverletzung, sondern wegen eines Tötungsdelikts vernommen wurde. Nach Überzeugung der deutschen Behörden ist es bei der Befragung zu keinen Fehlern gekommen.

Vor Beginn der Ausschusssitzung hatten am Donnerstagnachmittag rund zwei Dutzend Menschen gegen den Ablauf des Militärprozesses demonstriert. Sie skandierten Losungen wie „Gerechtigkeit für Micha!“ oder „Deutsches Land, deutsches Recht!“. Auch Angehörige des getöteten Mannes waren zu der Sitzung nach Mainz gekommen. Michael Ovsjannikov, der Vater des Opfers, sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), die Familie kämpfe weiter dafür, dass der Täter seine Strafe erhalte. Er warf der anfangs zuständigen Staatsanwaltschaft Trier vor, vor Abgabe der Ermittlungen die Folgen dieser Entscheidung nicht gründlich geprüft zu haben. Das gesamte Verfahren auf der Air Base sei „reiner Betrug“ gewesen.