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Minister Lucha: Kitas sind keine “DDR-Zwangsbetreuung”

Nach Ansicht des baden-württembergischen Sozial- und Gesundheitsministers Manfred Lucha (Grüne) haben der Südwesten und Bayern großen Nachholbedarf beim Thema Kinderbetreuung. Lange seien Kindergärten als „DDR-Zwangsbetreuung“ verunglimpft worden, sagte Lucha am Donnerstagabend beim Empfang der Liga der freien Wohlfahrtspflege in Stuttgart.

Noch vor 30 Jahren habe die Ganztagsbetreuung für viele als das Böse schlechthin gegolten. Inzwischen habe sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass Kinderbetreuung wichtig ist, um die Gesellschaft wettbewerbsfähig zu halten. Lucha dankte den in der Liga-BW zusammengeschlossenen Wohlfahrtsverbänden für ihren Einsatz im Bereich der sogenannten Care-Arbeit.

Uta Meier-Gräwe, Vorständin des Vereins „Wirtschaft ist Care“, wies darauf hin, dass in Deutschland fünf Millionen Frauen im erwerbsfähigen Alter nicht arbeiten, weil sie keine verlässliche Kinderbetreuung oder Unterstützung für pflegebedürftige Angehörige haben. „Eine Gesellschaft, die so sehr unter Fachkräftemangel leidet wie die deutsche, müsste das Thema Care-Arbeit ganz nach oben auf die Tagesordnung setzen“, sagte die Soziologin und Haushaltsökonomin.

Stattdessen werde es bei allen wirtschaftlichen Betrachtungen ausgeklammert. Dabei leisten Frauen in Deutschland laut Meier-Gräwe jedes Jahr 72 Milliarden Stunden unbezahlte Care-Arbeit. Damit sei die Sorge-Arbeit das Fundament allen wirtschaftlichen Handelns. Frauen im erwerbsfähigen Alter in Deutschland seien heute so gut ausgebildet wie keine Generation zuvor, sagte sie: „Das ist brachliegendes Potenzial.“

Zur Liga der freien Wohlfahrtspflege in Baden-Württemberg gehören die elf Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege im Land, mit nach eigenen Angaben über 390.000 Beschäftigten in rund 10.000 Einrichtungen und Diensten. (1065/17.05.2024)