Strategische Zukunftsplanung sollte in Deutschland nach Worten von Politikwissenschaftlerin Florence Gaub institutionell eine größere Rolle spielen. “Es gibt nicht viele staatlich verankerte Institutionen, die sich mit dem Thema beschäftigen. Im Bundeskanzleramt etwa gibt es eine kleine zukunftsvorausschauende Einheit, aber die hat nicht den Status, den sie bräuchte”, sagte Militärstrategin Gaub am Donnerstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Berlin. “Und seit den frühen 2000ern beschäftigt sich auch der Bundestag immer weniger mit der Zukunft, hat eine Studie gezeigt.”
Und weiter: “Verglichen mit anderen Ländern ist Deutschland in institutioneller Hinsicht nicht besonders zukunftsfähig”. Gaub leitet den Forschungsbereich Zukunft am NATO Defense College in Rom.
Für diese ‘Zukunftsmuffeligkeit’ gebe es mehrere Gründe, sagte sie. “Einmal sind wir kulturell eher kurzfristig ‘verkabelt’, denken im Gegensatz zu asiatischen Ländern kurzfristiger. Hinzu kommt, dass wir das Zukunftsideal der 1960er Jahre – Wohlstand für alle – inzwischen größtenteils erreicht haben. Diese Idee motivierte nach 1945 für lange Zeit für die Zukunft, aber das haben wir nun nicht mehr. Wir sind quasi zukunftslos aktuell”, so Gaub.
In asiatischen Ländern dagegen sei es etwa viel weiter verbreitet, in die Zukunft zu denken als zum Beispiel in Deutschland – etwa in China oder auch Saudi-Arabien. “Die politischen Systeme mag man ablehnen, aber in beiden Ländern besetzen Regierungen das Thema Zukunft positiv”, so die Forscherin, die jetzt das Buch “Zukunft. Eine Bedienungsanleitung” veröffentlicht hat.
Ihr gehe es darum, den Leuten zu helfen, “ihren Weg dahin zurückzufinden, was eigentlich jeder Mensch kann: nämlich aktiv über die Zukunft nachdenken und sie gestalten”, so Gaub. In Deutschland sei zur Zeit Pessimismus weit verbreitet; es herrsche regelrecht Zukunftsangst.
“Wir alle sind die ganze Zeit Agenten der Zukunft, natürlich nicht jeder im gleichen Maße. Wenn man mehr erreichen will, muss man sich einer größeren Gruppe anschließen – zum Beispiel einer Partei oder einer Nichtregierungsorganisationen beitreten”, sagte die Forscherin. Sie habe allerdings “fast das Gefühl, dass die Leute ein bisschen faul sind. Man muss auch schon den Leidensdruck haben zu sagen, ich möchte tatsächlich verändern – wie etwa die jungen Klimaaktivisten.”