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Menschenrechtler: Aufarbeitung des Genozids in Namibia stagniert

Anlässlich des Deutschland-Besuchs des namibischen Präsidenten Nangolo Mbumba appellieren Menschenrechtler an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, bei der Aufarbeitung des Genozids an den Herero und Nama zwischen 1904 und 1908 ein neues Kapitel aufzuschlagen. „Die rechtliche Aufarbeitung des Genozids in Namibia stagniert“, sagte Laura Mahler von der Gesellschaft für bedrohte Völker am Dienstag in Göttingen.

Das deutsch-namibische Versöhnungsabkommen sei fast drei Jahre nach seinem Zustandekommen noch immer nicht in Kraft: „120 Jahre nach dem Vernichtungsbefehl gegen die Ovaherero und Nama ist es an der Zeit, die Aufarbeitung endlich voranzubringen.“ Steinmeier und Mbumba wollten am Dienstag zusammenkommen.

In dem Versöhnungsabkommen aus dem Jahr 2021, der sogenannten „Joint Declaration“, habe die Bundesregierung den Völkermord zwar als solchen benannt, jedoch lediglich Ausgleichszahlungen im Rahmen der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit versprochen, erklärte die Menschenrechtsorganisation. Dabei handele es sich nicht um rechtliche Folgen im Sinne von Reparationszahlungen, sondern lediglich um die Fortzahlung von Entwicklungshilfe.

Deswegen kritisieren Verbände der Herero und Nama das Abkommen scharf. Sie wenden zudem ein, dass sie an der Aushandlung des Abkommens nicht beteiligt worden seien.

Ein Neuanfang der Gespräche unter Beteiligung der Nachfahren der Betroffenen sei auch mit Blick auf den geplanten Ausbau der Wasserstoff-Produktion in Namibia, an dem auch Deutschland beteiligt ist, von großer Bedeutung, sagte Mahler. Es bestehe die Gefahr, dass auf dem Rücken der Nama und Herero koloniale Politik fortgesetzt werde.

„Keine Entscheidung über uns – ohne uns“ sei die zentrale Forderung führender Vertreter der Nama in Bezug auf die Ausbaupläne, die in ihrem angestammten Gebiet geplant seien. Für Besorgnis und Fragen sorge vor allem die drohende Beschädigung der Halbinsel Shark Island durch den Ausbau eines angrenzenden Hafens. Dort befand sich unter deutscher Kolonialherrschaft ein Konzentrationslager, in dem 1.000 bis 3.000 Nama und Herero ums Leben kamen.