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Mehr Unterstützung für pflegende Angehörige gefordert

Viele pflegende Angehörige fühlen sich alleingelassen. Obwohl sie oft die Hauptlast tragen. Zum europäischen Tag der pflegenden Angehörigen am Sonntag fordern sie daher mehr Unterstützung.

Wer Angehörige zu Hause pflegt, soll mehr Unterstützung bekommen. Das forderten Sozial- und Pflegeverbände zum europäischen Tag der pflegenden Angehörigen am Sonntag.

“Pflegende Angehörige müssen endlich eine Lohnersatzleistung bekommen, denn 84 Prozent der Pflege wird zuhause geleistet”, erklärte Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbands VdK, in Berlin. Oft rund um die Uhr kümmerten sich Angehörige nicht nur um die Gesundheit der Pflegebedürftigen, sondern auch um bürokratische Hürden und um alles, was im Haushalt zu tun ist: “Um all diese Aufgaben überhaupt stemmen zu können, müssen viele im Job kürzertreten oder diesen ganz aufgeben.”

Pflege sei “kein Hobby, kein reiner Zeitvertreib”, fügte sie hinzu. Doch der Politik sei das offenbar nicht wichtig genug: “Das muss sich dringend ändern, denn reine Nächstenliebe kann keine Miete zahlen oder den Kühlschrank füllen!”

Mehr Selbstbestimmung und Entlastung fordert auch der Bundesverband pflegender Angehöriger. Die über acht Millionen An- und Zugehörigen, die sich bundesweit um Pflegebedürftige kümmerten, müssten endlich als gleichberechtigte Partner in der Pflege wahrgenommen und angemessen unterstützt werden, mahnte das Vorstandsmitglied der Selbsthilfeorganisation “wir pflegen”, Edeltraut Hütte-Schmitz.

Zurzeit gebe es nur für 2,3 Prozent der pflegebedürftigen Menschen, die zu Hause gepflegt werden, einen Tagespflegeplatz, erläuterte sie weiter. Ambulante Dienste müssten Anfragen aufgrund von Personalmangel oft ablehnen. Kurzzeitpflegeplätze seien sehr schwer zu finden, vorhandene Angebote seien oftmals unerschwinglich oder nicht bedarfsgerecht.

Pflegebedürftige Menschen, die keinen Tagespflegeplatz bekommen, aber alternativ viermal pro Tag Unterstützung durch einen ambulanten Dienst finden, müssten dafür oftmals Eigenanteile in Höhe von 3.000 bis 4.000 Euro aufbringen, während ihr Leistungsanspruch auf Tagespflege ungenutzt verfalle, kritisierte Hütte-Schmitz weiter. Eine Deckelung der Eigenanteile wie in der vollstationären Pflege gebe es in der häuslichen Pflege nicht.

Grundsätzlich verlangte die Expertin eine gleichwertige Unterstützung der Pflege zu Hause: “Derzeit gehen 30 Prozent der Ausgaben der Pflegeversicherung in die stationäre Pflege, obwohl in Deutschland nur 16 Prozent der pflegebedürftigen Menschen dort versorgt werden.”

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz forderte Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (beide SPD) auf, den vielen Versprechungen endlich Taten folgen zu lassen. “Die Angehörigen gehen auf dem Zahnfleisch”, sagte Vorstand Eugen Brysch der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Die Lage in der ambulanten Versorgung von rund vier Millionen Menschen zu Hause spitze sich immer mehr zu. Auch professionelle Pflege sei immer schwerer zu bekommen, so Brysch weiter: “Ein Rechtsanspruch auf Kurzzeit-, Tages- und Nachtpflege muss kommen. Bei Berufstätigen braucht es endlich Ersatzzeiten wie beim Elterngeld. Auch gilt es, ein dynamisiertes Pflegegeld mit angepassten Sachleistungen einzuführen.”