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Mehr registrierte Gewalttaten vor allem gegen Frauen

Sexuelle Belästigung, Vergewaltigung, Raub: 2024 gab es mehr erfasste Gewaltdelikte in Deutschland – bei einem leichten Rückgang der Zahl aller Delikte. Einen deutlichen Anstieg gab es bei minderjährigen Tatverdächtigen.

Bei einer leicht gesunkenen Zahl aller Straftaten hat es im vergangenen Jahr mehr Gewaltdelikte gegeben. Ein deutlicher Anstieg wurde zudem bei Kindern und Jugendlichen als verdächtige Gewalttäter registriert. Auch gab es mehr nicht-deutsche Tatverdächtige. Das geht aus der Kriminalstatistik für 2024 hervor, die Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), der Chef des Bundeskriminalamtes, Holger Münch, sowie der Bremer Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) am Mittwoch in Berlin vorstellten.

Insgesamt registrierte die Polizei 217.300 Gewaltdelikte und damit 1,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Im Vergleich zum Vor-Corona-Berichtsjahr 2020 stieg die Gewaltkriminalität um 20 Prozent – vor allem wegen Vergewaltigungen, sexuellen Übergriffen und sexueller Nötigung. Dabei waren die Opfer nahezu ausschließlich weiblich. Hinter dem registrierten Anstieg könnten aber auch eine höhere Sensibilisierung und Anzeigebereitschaft der Betroffenen liegen, so die Einschätzung der Autoren.

Es brauche einen besseren Schutz von und mehr Hilfe für Frauen, forderte Faeser. “Keine Frau muss sich dafür schämen, Opfer von Gewalt geworden zu sein.” Notwendig sei auch eine stärkere und konsequentere Verfolgung der Straftäter: “Wir brauchen endlich die elektronische Fußfessel, damit sich Täter bedrohten Frauen nicht mehr unbemerkt nähern können.” Auch der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Mäurer, bedauerte, dass es nicht geklappt habe, die Fußfessel bereits einzuführen.

Die Zahl der tatverdächtigen Kinder bei Gewalttaten stieg den Angaben zufolge um 11,3 Prozent, bei Jugendlichen um 3,8 Prozent. Hier verwiesen Münch und Faeser vor allem auf psychische Belastungen durch die Corona-Pandemie, etwa durch Schulschließungen. Hier seien mehr Prävention und sozialpädagogische Betreuung nötig, betonte Faeser.

Auch bei nicht-deutschen Tatverdächtigen bei Gewaltdelikten gab es eine Zunahme um 7,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Es müsse offen über die Herkunft von Tatverdächtigen gesprochen werden, sagte Faeser. Hier gehe es nicht nur um konsequente Strafverfolgung, sondern auch um konsequente Abschiebungen. Mäurer gab zu bedenken, dass der Teil ausländischer Tatverdächtiger deutlich über dem Anteil der ausländischen Bevölkerung in Deutschland liege. Zugleich verwies er darauf, dass es Opfer aller Herkunftsstaaten gebe.

Bundeskriminalamtschef Münch versuchte, die Zahlen weiter einzuordnen: “Unabhängig von der Herkunft begehen die meisten Straftaten jüngere Menschen und vor allem männliche jüngere Menschen.” Auch sei die nicht-deutsche Bevölkerung angewachsen und eine Zunahme der nicht-deutschen Tatverdächtigen somit erwartbar. Zugleich sei die Anzeigebereitschaft höher bei einem Verdacht, dass der Täter nicht deutsch sei. Auch seien die Risikofaktoren, Täter zu werden, bei Zugewanderten größer: etwa schlechte Wohnbedingungen, psychische Belastungen und eigene Gewalterfahrungen.

Die Gesamtzahl aller Straftaten sank im vergangenen Jahr auf 5,84 Millionen. Dieser Rückgang sei vor allem auf die Teillegalisierung von Cannabis zurückzuführen, hieß es. An diesem Punkt verwies Münch auf den veränderten Drogenmarkt: Es gebe mehr Drogentote, eine Kokainschwemme und mehr synthetische Drogen. Diese Entwicklung sei besorgniserregend.