BERLIN – Etwa 100 Millionen Menschen weltweit waren im vergangenen Jahr auf humanitäre Hilfe angewiesen. Das ist die höchste Zahl seit dem Zweiten Weltkrieg, wie aus dem diesjährigen Weltbevölkerungsbericht der Vereinten Nationen hervorgeht. Er wurde gemeinsam vom UN-Bevölkerungsfonds UNFPA und der Stiftung Weltbevölkerung in Berlin vorgestellt. Demnach sind ein Viertel der Hilfebedürftigen Frauen und Mädchen im Alter von 15 bis 49 Jahren. Sie seien einem hohen Risiko sexueller Gewalt, ungewollter Schwangerschaften und des Menschenhandels ausgesetzt.
Auch die Zahl der Flüchtlinge stieg 2014 auf den höchsten Stand seit 1945. Weltweit waren es dem UN-Bericht zufolge 59,5 Millionen Menschen, mehr als die Hälfte aller neuen Schutzsuchenden stammte aus Kriegsgebieten in Syrien, Afghanistan, Somalia und dem Sudan. Zudem seien etwa 200 Millionen Menschen von Naturkatastrophen betroffen gewesen und hätten aus diesem Grund ihre Heimat verlassen.
Bettina Maas, Repräsentantin des UNFPA in Mosambik, führte aus, dass 2014 rund eine Milliarde Menschen in Konfliktgebieten gelebt habe. Dort, wie auch auf der Flucht, seien Frauen und Mädchen einer zusätzlichen Gefährdung ausgesetzt, etwa durch Vergewaltigungen oder HIV-Infektionen. Viele würden wegen fehlender Verhütungsmittel ungewollt schwanger. Auch sei die Müttersterblichkeit besonders hoch.So entfielen 60 Prozent aller vermeidbaren Fälle von Müttersterblichkeit auf Frauen, die auf der Flucht seien oder in Konfliktgebieten lebten.
Maas forderte daher eine bessere Abstimmung der humanitären Hilfe auf die Bedürfnisse von Frauen und Mädchen. Regierungen und Hilfsorganisationen müssten sich verstärkt für deren Rechte einsetzen. Gebraucht würden etwa medizinische Versorgung während der Schwangerschaft oder Hebammen bei der Geburt. Auch müssten mehr Verhütungsmittel bereitgestellt werden.
Die Geschäftsführerin der Stiftung Weltbevölkerung, Renate Bähr, erklärte, sexuelle Gewalt könnte etwa durch die Schaffung von Privatsphäre oder getrennte Toiletten für Männer und Frauen in Flüchtlingslagern reduziert werden. Auch religiöse Führer müssten in den Dialog mit einbezogen werden, um gewaltsame Übergriffe zu reduzieren.
Die Vereinten Nationen fordern zudem mehr Geld, um humanitäre Maßnahmen zu finanzieren. Im vergangenen Jahr habe es insgesamt einen Bedarf von 19,5 Milliarden US-Dollar gegeben, aber nur zwölf Milliarden Dollar seien zur Verfügung gestellt worden. Die Stiftung Weltbevölkerung appellierte daher an die Bundesregierung, mehr Mittel für humanitäre Hilfe bereitzustellen. epd
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Krieg – Hunger – Gewalt
Niemals nach dem Zweiten Weltkrieg waren so viele Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen: 100 Millionen waren es 2014. Frauen tragen zusätzlich das Risiko sexueller Übergriffe