Ob mit rotem Lippenstift, Rollstuhl oder Bart – die Karlsruher Theologin Anne Helene Kratzert wirbt für ein vielfältiges Pfarrerbild. „Meine Idealvorstellung ist, dass wir alles sein können – jung oder alt, verschiedene Hautfarben oder Beeinträchtigungen haben, transgender sein, non-binär, offensiv weiblich oder klassisch männlich einen Vollbart tragen“, sagte die frühere ZDF-Pfarrerin im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Das Thema Diversität beschäftige sie als Privatperson. Es sei aber auch in ihrer früheren Arbeit als ZDF-Pfarrerin sowie auf ihrem Instagram-Account aktuell, berichtet Kratzert. Und auch in ihrem neuen Amt als Kirchentagspastorin, das sie Anfang Mai antrat, will sie den Fokus auf Diversität im Christentum lenken. Der nächste Kirchentag mit Sitz in Fulda, dessen geistlich-liturgisches Programm sie verantwortet, findet 2025 in Hannover statt.
Kirchentag soll zeigen, wie divers Christen sind
Sie würde sich freuen, wenn es beim Kirchentag gelingt, zu zeigen, wie divers Christen in Deutschland und im deutschsprachigen Raum sind. „Wir sollten unsere jeweiligen Blasen aufstechen und mit anderen in ein gutes Gespräch kommen“, sagte sie. Dabei müsse man auch nicht so „superkonsensorientiert“ sein. „Wir könnten einfach zuhören, auch mal Dissense stehen lassen“, betont die Theologin. Das gehöre zu einer offenen Gesellschaft dazu.
Relevant sei das Thema Diversität für sie, weil sie selbst schon negative Erfahrungen gemacht hat. Beispielsweise habe eine höherstehende Person zu Beginn ihres Berufslebens zu ihr gesagt: „Wenn Sie so sind, wie sie sind – mit ihren blonden Haaren und Kleidern. So schließen Sie mehr Türen, als dass Sie welche öffnen.“ Damals habe sie sich für diesen Rat bedankt. Sie habe erst viel später verstanden, wie diskriminierend das war. „Ich will mir nicht mehr sagen lassen, dass ich falsch bin“, betont die 46-Jährige. „Warum soll eine Pfarrerin nicht zu ihrer Weiblichkeit stehen?“ Daher habe sie den Kampf aus ihrer Position aufgenommen. „Als Frau, die so ist, wie sie ist.“