Mit konzentriertem Blick führt ein junger Mann das Bügeleisen über das zerknitterte Hemd. In der Jugendwerkstatt des Kirchenkreises Gifhorn bügelt er nicht nur den Stoff glatt – er bügelt auch die Fehler aus, die sein Leben in eine Sackgasse geführt haben. Schulabbrüche, Schulden, Suchtprobleme: Viele der Jugendlichen hier tragen eine schwere Last. Mit praktischen Tätigkeiten wie Hauswirtschaft, Holz- oder Gartenarbeiten sowie sozialpädagogischer Begleitung lernen sie, ihren Alltag zu strukturieren und Verantwortung zu übernehmen.
Diese Unterstützung ist – und das wissen viele nicht – auch durch Kirchensteuer möglich. Die Jugendwerkstatt ist eines von vielen Projekten im Kirchenkreis Gifhorn, die durch Kirchensteuer mitgetragen werden. Um das sichtbar zu machen, hat der Kirchenkreis ein Logo entwickelt.
„Wir möchten zeigen, wo Kirche überall wirkt – auch an Orten, an denen man das vielleicht nicht erwartet“, erklärt Superintendentin Sylvia Pfannschmidt. „Viele treten aus der Kirche aus, weil sie meinen, Kirche sei für ihr Leben nicht mehr relevant“, sagt sie. Doch viele Menschen nutzen Angebote, die durch Kirchensteuer mitgetragen werden, wie etwa Kitas oder Konzerte.
Kirchenkreisvorstand entwickelt Logo mit Slogan „Kirchensteuer trägt Früchte“
2019 griff der Kirchenkreisvorstand eine Idee aus den USA auf, bei der Schilder an Baustellen auf „Your tax at work“ hinwiesen. Der Plan war, auch in Gifhorn zu zeigen, wo Kirchensteuer wirkt. 2020 fand ein Workshop statt, bei dem der Kirchenkreisvorstand und Mitglieder verschiedener Einrichtungen ein Logo mit dem Slogan „Kirchensteuer trägt Früchte“ entwickelten. Der Startzeitpunkt fiel jedoch mitten in die Coronakrise, was die Wirkung dämpfte.
„Wir müssen jetzt weiter forcieren“, so Pfannschmidt. „Gerade in einer Zeit, in der Fake News und Rassismus alltäglich sind, ist es entscheidend, dass wir als Kirche einen Raum schaffen, in dem Vertrauen gedeihen kann und Kinder Werte für ihr Leben lernen.“ Das Logo soll dabei helfen, das Vertrauen zu schaffen, dass Kirchensteuer der Allgemeinheit nutzt und nicht überflüssig ausgegeben wird.
Kirchenkreis Gifhorn: Kirchensteuern machen Jugendarbeit erst möglich
Angesichts des anstehenden Wechsels in den Gremien im Februar sieht sie eine gute Gelegenheit, die Kampagne erneut ins Bewusstsein zu rücken. Der Kirchenkreis sieht sich wie die Landeskirche mit sinkenden Mitgliederzahlen konfrontiert. 2020 zählte der Kirchenkreis rund 53 000 Mitglieder, 2024 waren es nur noch 47 691. Noch spiegeln sich die Austritte finanziell nicht wider, „doch wenn kirchliche Zuschüsse wegfallen, könnte es sein, dass wir den Gebäudebestand, die Personalsituation und viele Projekte nicht mehr halten können.“
Die Einnahmen aus der Kirchensteuer belaufen sich aktuell auf ca. 5,2 Millionen Euro jährlich. 80 Prozent der Mittel fließen in Personalausgaben, die restlichen 20 Prozent in die Jugendarbeit, Diakonie, Kultur, Musik und weitere Projekte.
Pfannschmidt: Zwang macht Kirchensteuer unbeliebt
Neun evangelischen Kitas und Einrichtungen wie das Allerkaufhaus werden teilweise durch Kirchensteuern unterstützt. Auch das Projekt „Spiritualität im Alltag“ trägt das Logo. Meditation, Workshop oder Pilgertour: „Da sind viele Menschen dabei, die sich erst langsam zur Kirche hinwenden und das Gefühl bekommen, dass da etwas ist, das ihnen hilft, den Alltag zu meistern“, erläutert Pfannschmidt.
Dennoch: Steuern sind unbeliebt, und diese Haltung überträgt sich auf die Kirchensteuer. „Viele sehen sie als Zwang und treten deshalb aus“, sagt Pfannschmidt. Sie hofft auf ein Umdenken – vielleicht in Form einer Kultursteuer, die alle zahlen, nicht nur Kirchenmitglieder. Diese könnte dann auf kulturelle Träger aufgeteilt werden, ähnlich wie in anderen Ländern.