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“Kirchen sollten sich gegenüber der Gesellschaft noch weiter öffnen”

Der Verein „Dorfkirchen in Not in Mecklenburg und in Vorpommern“ setzt sich seit nunmehr 30 Jahren für die Sicherung und Erhaltung gefährdeter Dorfkirchen ein. Am 12. Oktober will er sein 30-jähriges Jubiläum in Güstrow mit einer Feierstunde und verschiedenen Vorträgen begehen. Vorher beantwortete der Vorstandsvorsitzende des Vereins, Jens Amelung, dem Evangelischen Pressedienst (epd) Fragen zum Wirken des Vereins sowie zu Herausforderungen für die Rettung von Dorfkirchen.

epd: Wie viele Gelder konnte der Verein bislang für Sanierungsarbeiten an wie vielen Dorfkirchen in MV beisteuern?

Jens Amelung: Bis einschließlich 2024 haben wir 208 Kirchen mit insgesamt 2,085 Millionen Euro gefördert, manche darunter auch zweifach.

epd: Welche Projekte unterstützt der Verein derzeit und für welche künftigen Vorhaben sammelt er Geld?

Amelung: Ganz aktuell, also in 2023 und 2024, unterstützen wir die Dorfkirchen in Alt Rehse, Bentwisch, Kirch Jesar, Kraase und Dütschow, Flemendorf, Granzin, Karrenzin, Milow, Roggendorf und Unter Brüz. In der Regel handelt es sich dabei um Instandsetzungen von Dächern, Türmen und Mauerwerk. Zukünftig bemühen wir uns um Spenden für die Dorfkirchen in Lütgendorf, Zahren und Ruest.

epd: Wie viele Mitglieder hat der Verein?

Amelung: Wir haben immer so um die 180 Mitglieder, darunter sind auch 60 Fördervereine der örtlichen Kirchen in gegenseitiger, beitragsfreier Mitgliedschaft.

epd: Die evangelische Nordkirche verliert stetig Mitglieder in MV, wodurch sich die Baulast für die hiesigen Dorfkirchen auf immer weniger Schultern verteilt. Was müsste geschehen, damit die zumeist unter Denkmalschutz stehenden Dorfkirchen auch weiterhin erhalten werden können?

Amelung: Insbesondere Bund und Land müssten die öffentliche, bewusste Förderung der Kirchen als besondere, gesellschaftsprägende, geschichtsbedeutende, auch kulturelle und spirituelle Orte, als gesellschaftliche Heimstatt wieder verstärken. Wichtig ist, dass Förderprogramme verlässlich und kontinuierlicher ausgebaut werden. Denn die Kirchengemeinden allein sind nicht in der Lage, ihre Gotteshäuser zu erhalten.

epd: Welche neuen Nutzungsarten für Dorfkirchen halten Sie in MV für möglich und sinnvoll über das hinaus, was derzeit schon erfolgt wie etwa Konzerte, Lesungen, Ausstellungen?

Amelung: Dorfkirchen sollten meines Erachtens noch viel stärker in das gesellschaftliche Leben der Bevölkerung eingebunden werden. Die Kirchen sollten sich gegenüber der Gesellschaft noch weiter öffnen, so dass kulturelles und gesellschaftliches Leben am Ort stattfinden kann. Die Kirche sollte nicht als „verschlossen“ wahrgenommen werden.

Auf der anderen Seite sollte es noch mehr gesellschaftliches Engagement zur Bildung von Fördervereinen zur kulturellen Nutzung geben. Ein Beispiel ist die Dorfkirche in Kirch Stück (bei Schwerin) mit stetiger kulturelle Nutzung und Werbung dafür. Es liegt immer am Bewusstsein und an der Initiative der Menschen. Auch dafür wirbt unser Förderverein Dorfkirchen in Not.